Wasser ins Moor zurück
Auszug aus Naturschutz-Broschüre: So funktioniert die Wieder-Vernässung der seltenen Lebensräume
Eintrag Nr. 39/2023
Datum: 31.08.2023
Altschönau. Emsiges Treiben im Wald. Stimmengewirr. Dazwischen Vogelgezwitscher. Hammerschläge ertönen. Holzbretter werden immer tiefer in den moorigen Boden getrieben. Daneben wird kräftig geschaufelt. Ein gutes Dutzend Freiwillige ist am Werk. Ihre Aufgabe: Das Moor retten! Immer wieder liefen in den vergangenen Jahren solche Arbeitseinsätze im Nationalpark ab. Nur so konnte das Wasser in einst entwässerte Moore zurückkehren. Die Renaturierung tut nicht nur der Biodiversität gut. Auch dem Klima ist damit geholfen.
JEDES STÜCKCHEN WALD SOLLTE NUTZBAR SEIN
Doch warum muss der Mensch überhaupt tätig werden? Im Kern geht es darum, die ökologischen Fehler der Vergangenheit rückgängig zu machen. So versuchten die Bewohner des Bayerwalds in früheren, sehr armen Zeiten möglichst jedes Fleckchen Wald nutzbar zu machen. Moorböden wurden daher zum Feind erklärt. Hier wuchs nicht nur wenig nutzbares Holz, das Arbeiten in diesen Bereichen war auch sehr schwierig. Also wurden Entwässerungsgräben angelegt, Moore und Moorwälder somit trockengelegt. Meist ging dies noch mit anschließenden Fichten-Pflanzungen einher. Des Försters Freud, der Natur Leid. Gerade auf Moore spezialisierte Arten mussten den Rückzug antreten.
WIE KANN DAS MOOR WIEDER WACHSEN?
Seit den 1980er Jahren gibt es Bestrebungen, die einst entwässerten Bereiche wieder in ihre frühere Ausprägung zu überführen – ein Auftrag, der aus der Nationalparkverordnung resultiert. Ohne die menschliche Hilfe würde es die Natur sonst an vielen Stellen nicht schaffen, den Ursprungszustand wiederherzustellen. Oder aber es würde Jahrhunderte dauern. Hauptsächlich geht es dabei um die Wiederverschließung der künstlich geschaffenen Gräben. Entlang der Kanäle werden in der Regel hölzerne Wände eingezogen, die wiederum mit Torf oder Hackschnitzeln überdeckt werden, so dass Wasser langfristig nicht mehr aus der Fläche entweichen kann. Da dies meist aufgrund der Bodenbeschaffenheit nicht maschinell umsetzbar ist, kommt es oft auf Handarbeit an. Dutzende ehrenamtliche Gruppen haben im Laufe der Jahre schon mit angepackt.
AUCH UNNATÜRLICHER BEWUCHS MUSS RAUS
Mit dem Rückbau der Gräben ist es aber nicht getan. Auch untypischer Strauch- und Baum-Bewuchs muss entfernt werden. Schließlich ist ein Moor nur dann intakt, wenn Wasserüberschuss herrscht. Und allein in der Vergangenheit gepflanzte Fichten können ein Fünftel des Jahresniederschlags für ihr Wachstum beanspruchen – ein Betrag, der dem Moor selbst fehlen würde. Bisher hat der Nationalpark schon 75 Hektar Moor- und 120 Hektar Moorwaldfläche ökologisch aufgewertet und damit auch vielen einst zurückgedrängten Arten wieder eine neue Heimat gegeben. In Zukunft sollen diese Anstrengungen insbesondere in den Moorwäldern der Managementzone fortgeführt werden. So trägt der Nationalpark nicht nur zum Schutz der charakteristischen Lebensräume bei, sondern hilft auch dem Klima. Schließlich speichern intakte Moorflächen immense Mengen an Kohlenstoffdioxid.
Gewinner
Ein Indikator für intakte Moore und somit auch für erfolgreiche Renaturierungen ist der HOCHMOORGELBLING. Neben einem feuchten Mikroklima im Moor ist der Schmetterling auch auf eine ganz bestimmte Pflanze angewiesen: Die Weibchen legen ihre Eier fast ausschließlich auf Blättern der Rauschbeere ab.
Vor Ort erleben
Wer sich selbst ein Bild von einer erfolgreichen Renaturierung machen will, schaut zum Beispiel in Altschönau vorbei. Dort liegt das einst entwässerte Moor Kleine Au leicht zugänglich direkt am Ortsrand. Ein markierter Weg führt an die offene Fläche heran und erlaubt so gute Einblicke in den seltenen Lebensraum.
Hinweis: Dieser Text stammt aus der im Juli 2023 erschienenen Broschüre "Naturschutz im Nationalpark". Die komplette Publikation kann auf der Nationalpark-Homepage als ePaper gelesen werden.