Paradies für Bekassine & Co.
Tierische Entdeckung dank Baumeister Biber: Andreas Rückerl spürt seltene Schnepfenart auf
Eintrag Nr. 71/2020
Datum: 21.10.2020
Riedlhütte. Oft steigt Andreas Rückerl bereits um 4 Uhr morgens aus dem Bett. Möglichst leise, weil die Familie noch schläft, verlässt er das Haus, startet sein Auto und macht sich auf den Weg in den Nationalpark Bayerischer Wald, den er von seiner Heimatgemeinde Konzell im Landkreis Straubing-Bogen aus in gut einer Stunde erreicht. Vor ihm liegt ein Abenteuer, dessen Dauer jedes Mal ungewiss ist. Manchmal sind es zwei Stunden, bisweilen aber auch vierzehn, in denen er auf der Lauer liegt – und ihm dabei Atemberaubendes widerfährt.
Andreas Rückerl unterstützt die Forschung im Nationalpark ehrenamtlich beim Monitoring seltener Arten wie dem Gartenschläfer. Habichtskäuze hat er schon aufgespürt. Auer- und Haselhühner beobachtet. Luchse und Kraniche in freier Wildbahn gesichtet. Und jüngst eine Entdeckung gemacht, die beinahe an ein Wunder grenzt: „Mir flatterte eine Bekassine vors Fernglas“, erzählt der 32-jährige promovierte Entwicklungsingenieur und kann zurecht stolz sein auf seinen außergewöhnlichen Fund: Der so schöne wie scheue Schnepfenvogel lässt sich gemeinhin ganz selten blicken und wurde im Nationalpark Bayerischer Wald zum ersten Mal seit 50 Jahren wieder gesichtet.
„Für unsere Landschaft ist das der Hammer“
Ihren neuen Lebensraum hat die Bekassine einem kreativen Nager zu verdanken: Baumeister Biber staute einen Bach in mehreren Abschnitten auf und schaffte damit eine Wässerwiese in der Größe zweier Fußballfelder. „Für unsere Landschaft ist das der Hammer“, schwärmt Jörg Müller, Forschungsleiter im Nationalpark Bayerischer Wald. Und einmal mehr der Beweis, dass das Motto „Natur Natur sein lassen“ seltene Arten zu Rückzug und Ruhe einlädt.
Doch nicht nur für die Bekassine hat der Biber eine ökologische Nische in der neuen Feuchtwiese geschaffen. „Ich habe dort auch schon Krickenten, den Eisvogel, Neuntöter, Grauschnäpper, Schwarz- und Grauspechte, den Waldwasserläufer und Kraniche entdeckt“, zählt Andreas Rückerl die Liste seiner Tierbeobachtungen auf. Den Rothirsch übrigens auch, der sich als König des Waldes inmitten der Vogelvielfalt pudelwohl zu fühlen scheint. „Ich liebe es, auf meinen Streifzügen ein Teil des Waldes zu werden, weiß ich doch, dass tief in meinem Innersten der Wald ein Teil von mir ist“, sagt Andreas Rückerl fast schon ein wenig poetisch – und wird sich daher auch künftig im Nationalpark auf die Lauer legen. Scheuen Tieren nachspüren. Schauen und dabei zur Ruhe zu kommen – manchmal auch nur, bis der Morgen graut. Und er zum Frühstück schon wieder zu Hause ist.
Hinweis: Dieser Bericht stammt aus dem Nationalpark-Magazin "Unser wilder Wald" (Ausgabe: September 2020).