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Den Wald Wald sein lassen

Artenvielfalt ist in Wäldern mit Bäumen eines jeden Altersstadiums am höchsten

Eintrag Nr. 52/2022
Datum:


Baumsprößlinge gehöhren ebenso zu einem intakten Wald wie alte und abgestorbene Bäume. Foto: Simon Thorn
Baumsprößlinge gehöhren ebenso zu einem intakten Wald wie alte und abgestorbene Bäume. Foto: Simon Thorn

In jungen und sehr alten Wäldern findet sich eine hohe Artenvielfalt.
In jungen und sehr alten Wäldern findet sich eine hohe Artenvielfalt.

Grafenau. Säuglingsstation, Kindergarten, Schule, Arbeit und Altenheim. Die Daseinsstadien, die es beim Menschen gibt,
kann man auch auf den Wald übertragen. Und wie beim Menschen gilt auch bei den Bäumen: Jedes Alter wird gebraucht.

Wenn der Mensch wie in den Naturzonen des Nationalparks Bayerischer Wald nicht in die Prozesse des Waldes eingreift, entsteht ein Kreislauf aus Werden und Vergehen, die Sukzession. Wie sich die Artenvielfalt im Laufe dieser natürlichen Prozesse entwickelt und welche der unterschiedlichen Entwicklungsstufen in Wäldern besonders wichtig für
den Artenschutz sind, konnte nun auf breiter Datenbasis erforscht werden.

EIN KREISLAUF AUS WERDEN UND VERGEHEN

Wenn Bäume sterben, entstehen Lücken im Kronendach und Licht fällt auf den Waldboden. Sämlinge haben nun die Chance, zu keimen und zu neuen Bäumen heranzuwachsen. Das Kronendach schließt sich wieder und der Kreislauf beginnt von vorne. In jedem Entwicklungsstadium gibt es eine bestimmte Artenvielfalt. Im internationalen Naturschutz
standen lange Zeit aber nur die späten Waldentwicklungsphasen im Fokus: Alte Wälder mit alten Bäumen galten als Inbegriff des Urwaldes und Zielgröße im Waldnaturschutz.

JUNGE WÄLDER SIND GENAUSO ARTENREICH WIE ALTE WÄLDER

Dass dieser Ansatz zur Steigerung der Biodiversität nicht ausreichend ist, zeigen Forschungen des Nationalparks. Bereits in den 1990er Jahren wurde eine Kurve der Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen entlang aller Sukzessionsstadien eines Waldes entwickelt. Über 20 Jahre später wurden diese Kurven datenbasiert neu berechnet und um die Diversität
der Pilze ergänzt. Insgesamt basieren diese neuen Berechnungen auf über 3000 im Nationalpark erfassten Arten.
Die Ergebnisse liefern wichtige Ansätze, wie artenreiche Wälder zusammengesetzt sein sollten. Gerade frühe Entwicklungsstadien, die in Forschung und Naturschutz lange wenig Beachtung gefunden haben, stellen für viele Tier- und Pflanzenarten einen wichtigen Lebensraum dar. Tatsächlich sind junge Wälder nach Störungen, wie zum Beispiel Borkenkäferbefall, genauso artenreich wie alte Wälder – gerade bei Pflanzen und Tieren. Pilze hingegen zeigen die höchste Vielfalt in den dichten Wäldern der mittleren Entwicklungsphasen. Pflanzenfresser, grüne Pflanzen sowie Arten, die abgestorbene Biomasse zersetzen, kommen sowohl am Anfang als auch am Ende des Kreislaufes häufig vor.

BLEIBT DIE VIELFÄLTIGE LANDSCHAFT IM NATIONALPARK BESTEHEN?

Generell finden sich in jeder Entwicklungsphase unterschiedliche Artenzusammensetzungen was wiederum unterstreicht, wie wichtig alle sind, um eine hohe Artenvielfalt in einer Landschaft vorzufinden. Im Nationalpark Bayerischer Wald
ist diese hohe Vielfalt an Waldentwicklungsphasen im ehemaligen Wirtschaftswald durch die Störungen in den jüngsten 30 Jahren ohne menschliches Zutun entstanden. Ob diese vielfältige Landschaft erhalten bleibt oder ob dichtere
und homogene Bestände in der Zukunft wieder dominanter werden, ist offen und in der Zukunft zu erforschen. Erste Datenanalysen deuten aber auf die Entwicklung heterogener Waldlandschaften hin.

KURZ UND BÜNDIG:

  • In jedem Entwicklungsstadium finden sich unterschiedliche Artenzusammensetzungen.
  • Nicht nur alte Wälder, sondern auch junge Entwicklungsphasen haben eine besonders hohe Artenvielfalt.
  • Um die Biodiversität zu steigern, müssen Bäume aller Entwicklungsphasen vorhanden sein.

Der Text ist in der Broschüre "Forschung im Nationalpark" erschienen und kann auf der Homepage des Nationalparks Bayerischer Wald heruntergeladen werden. 

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