Geheime Schätze
Mondrauten und Flachbärlappe sind höchst bedroht - und finden im Nationalpark ihre letzte Heimat.
Eintrag Nr. 1/2019
Datum: 01.01.2019
Grafenau. Sie sind uralt, so ausdauernd wie unscheinbar – und erfahren dennoch größte Aufmerksamkeit: die Flachbärlappe und die Mondrauten, konkurrenzschwache Pflanzen, denen der Nationalpark Bayerischer Wald geeignete Lebensräume bietet, die andernorts immer seltener werden. „Deshalb gehen ihre Bestände dramatisch zurück. Sie stehen auf der Roten Liste der hochbedrohten Pflanzenarten in Deutschland“, erklärt Dr. Christoph Heibl.
Vor allem die Mondrauten hütet der Naturschutzbiologe und Botaniker wie einen wertvollen Schatz – und hält die exakten Koordinaten ihrer Standorte im Nationalparkgebiet deshalb streng geheim. „Gerade die seltensten Pflanzen wecken bei manchen Menschen die Lust, sie auszugraben, um sie daheim in den Garten zu setzen“, rechtfertigt Christoph Heibl seine Heimlichtuerei um die Mondrauten, deren poetischer Name auf ihre mondförmigen Blattfiedern zurückgeht, die nach mittelalterlichem Glauben bei Mondschein leuchten.
Mit der Vielteiligen, der Gewöhnlichen und der Ästigen Mondraute kommen im Nationalpark Bayerischer Wald drei Arten der vom Aussterben bedrohten Rautenfarngewächse vor. Die Vielteilige Mondraute, ein Eiszeitrelikt, bevorzugt einstige Holzlagerplätze und wächst an Wegesrändern, Böschungen und Hangkanten – theoretisch überall da, wo sie genügend Licht und Raum findet. Also an nährstoffarmen Orten mit wenig Konkurrenz durch stärkere Pflanzen, an denen kein Laub die Art dauerhaft bedecken kann.
Um ihr Überleben zu sichern, nimmt Dr. Christoph Heibl überdies aufwändige Pflegemaßnahmen vor: Durch Abziehen der obersten Bodenschicht, in der Fachsprache „Abplaggen“ genannt, wird kleinflächig Rohboden freigelegt, die Sporen der Mondraute können keimen und die sensiblen Pflänzchen in der Folge die Pflanzdecke durchstoßen. „Zum Erhalt derart bedrohter Pflanzenarten muss der Mensch schon mal nachhelfen“, weiß der Botaniker.
Während die Mondrauten im Nationalpark derzeit nur an fünf Einzelstandorten nachgewiesen werden konnten, sind die sieben Arten des Flachbärlapps noch besser aufgestellt. Im Nationalpark sind sie an gut 60 Standorten zu finden. „Flachbärlappe wachsen an schütteren Böschungen“, erklärt Christoph Heibl, „und in Gesellschaft mit Flechten, Moosen, Heidelbeeren und kleinen Fichten“. So unscheinbar das kriechende Gewächs mit seinen verzweigten Seitenästen dem Laien vorkommen mag, für Christoph Heibl haben Flachbärlappe einen unbezahlbar hohen Wert. Wie Sorgenkinder, die man gemeinhin noch lieber hat.
Hinweis: Dieser Bericht stammt aus dem Nationalparkmagazin Unser Wilder Wald. Die komplette Ausgabe kann HIER als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
Text: Alexandra von Poschinger