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Mit Wolf, Luchs, Reh und Hirsch zur Doktorwürde

Suzanne van Beeck Calkoen beendet Forschungen im Nationalpark erfolgreich

Pressemitteilung Nr. 21/2022

Datum: 30.05.2022

Nicht nur die Aufnahme von Verbiss-Schäden, sondern auch die Überprüfung des Geländes mittels Wildkameras gehörte zur Forschungsarbeit von Suzanne van Beeck Calkoen.  (Foto: Nationalpark Bayerischer Wald)

Nicht nur die Aufnahme von Verbiss-Schäden, sondern auch die Überprüfung des Geländes mittels Wildkameras gehörte zur Forschungsarbeit von Suzanne van Beeck Calkoen.  (Foto: Nationalpark Bayerischer Wald)

Grafenau. Wie ernähren sich Hirsche und Rehe, wenn sie in einem Gebiet leben, in dem auch große Beutegreifer, wie Luchs und Wolf, unterwegs sind? Dieser Frage ist Suzanne van Beeck Calkoen drei Jahre lang im Nationalpark Bayerischer Wald auf den Grund gegangen. Ihre Forschungen hat sie nun an der Universität Freiburg bei Professor Marco Heurich erfolgreich mit der Doktorarbeit abgeschlossen.

„Viele kennen die Geschichte aus dem nordamerikanischen Yellowstone-Nationalpark“, erklärt Suzanne van Beeck Calkoen. „Dort haben sich die Wapiti-Rothirsche ungebremst vermehrt – zu Ungunsten für die Flora und Fauna.“ Erst mit der Rückkehr der Wölfe ist das dortige Ökosystem wieder in ein natürliches Gleichgewicht gerückt. Auch in Europa kehren Luchs und Wolf wieder zurück – allerdings in eine Kulturlandschaft. „Wir hatten ein unzureichendes Verständnis darüber, wie Räuber-Beute-Systeme in Kulturlandschaften funktionieren, in denen Menschen die Nahrungsnetze stark beeinflussen.“

Erhebungen auch in Italien und Polen 

Um in diesem Bereich etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hat die 29-Jährige schon vorab verschiedenste Versuche, Messungen und Analysen durchgeführt. Ihre Arbeit umfasste insgesamt sechs wissenschaftliche Studien, dazu gehörte auch die Beurteilung des Huftiermanagements innerhalb von 209 Nationalparks in Europa. Im Nationalpark Bayerischer Wald selbst mussten schließlich mit Maßband und Markierungsstöcken 48 Untersuchungsflächen mit einer Größe von je 100 auf einem Meter abgesteckt werden. Unterstützt wurde Suzanne van Beeck Calkoen von neun Praktikanten. „24 Bereiche lagen im Nationalpark, 24 in bewirtschafteten Wäldern.“ Einige lagen nahe menschlicher Siedlungen, einige abgelegen und ruhig. Einige in Jagdgebieten und andere in jagdfreien Zonen.

Doch nur mit Forschungen im Bayerischen Wald war es nicht getan. Die gleichen Erhebungen wurden auch noch in anderen Gebieten in Europa gemacht, und zwar in den Nationalparks Hainich und Hunsrück-Hochwald, im polnischen Nationalpark Bialowieza sowie im Foreste Casentinesi in Italien. In den Gebieten in Italien und Polen kommen Wölfe schon seit Jahrzehnten vor. „In allen Untersuchungsflächen haben wir die darinstehenden Bäume begutachtet und den Verbiss erhoben.“ Außerdem wurden Wildkameras aufgestellt sowie Kotproben von Rot- und Rehwild gesammelt und analysiert. „Mit Hilfe all dieser Daten konnten wir erkennen, welche Art von Nahrung Rehe und Rothirsche in Gebieten mit großen Beutegreifern bevorzugen und welche Auswirkungen dies auf die Baumartenanteile und somit auf die Waldstruktur hat.“

Keine Retter der Wälder vor dem Wildverbiss 

Am Ende der Untersuchungen stand fest, dass die Rückkehr von Luchs und Wolf in Europa bislang eine eher unbedeutende Wirkung auf die Populationen von Hirsch und Reh haben. „Die Effekte auf das Verhalten der Huftiere durch menschliche Jagd und Touristen sind deutlich größer“, erklärt Suzanne van Beeck Calkoen. „Auch wenn Großraubtiere das Verhalten ihrer Beutetiere kleinflächig beeinflussen, sind ihre positiven, ökologischen Effekte in vom Menschen dominierten Landschaften im Vergleich zu natürlicheren Landschaften viel geringer. Sie sind hier nicht die Retter der Wälder vor dem Wildverbiss.“ Das bedeute, dass nach der Rückkehr der großen Beutegreifer in den viel zu kleinen europäischen Schutzgebieten oft Maßnahmen des Wildtiermanagements notwendig sind.

Lob hat Suzanne van Beeck Calkoen vor allem von ihrem Doktorvater Marco Heurich erhalten. „Die Feldarbeiten mussten oft unter schwierigsten Bedingungen durchgeführt werden“, erinnert sich Heurich. Nicht nur hier habe die Doktorandin großes wissenschaftliches Talent bewiesen, sondern auch bei den tagelangen Analysen der Daten vor dem Rechner. „Außerdem konnte sie ihre Mitarbeiter immer sehr gut motivieren – und das war im Osten Polens oder in den Bergen Italiens nicht immer einfach.“ Nachdem die wissenschaftliche Arbeit nun zunächst in Englisch publiziert wurde, soll sie im nächsten Schritt auch der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Vier Jahre im Nationalpark haben sich ausgezahlt 

Schluss mit den Forschungen zu den großen Beutegreifern ist für Suzanne van Beeck Calkoen mit dem Abschluss ihrer Doktorarbeit jedoch nicht. „In Zusammenarbeit mit Prof. Marco Heurich habe ich ein neues Forschungsprojekt beantragt, um die bisher erhaltenen Ergebnisse noch vertiefen zu können.“

Dem Nationalpark Bayerischer Wald wird sie also nicht so schnell den Rücken zukehren. „Zum einen unterstütze ich derzeit die Kollegen bei einem Projekt, bei dem es um das Auftreten von Leberegel bei Schalenwild geht.“ Zum anderen ist sie hier auch ein bisschen heimisch geworden. „Es war eine tolle Zeit. Die Arbeit mit den Kollegen und Studenten hat viel Spaß gemacht.“ Aus Kontakten sind Freundschaften geworden, die über ganz Europa verteilt sind. Die vier Jahre im Nationalpark haben sich also in vielerlei Hinsicht ausgezahlt – nicht nur durch die bestandene Doktorarbeit.

Bildunterschrift:
Nicht nur die Aufnahme von Verbiss-Schäden, sondern auch die Überprüfung des Geländes mittels Wildkameras gehörte zur Forschungsarbeit von Suzanne van Beeck Calkoen.  (Foto: Nationalpark Bayerischer Wald)

Pressefoto/s unter www.nationalpark-bayerischer-wald.bayern.de/aktuelles/. Freigabe nur in Verbindung mit der Pressemitteilung.


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