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Artenhilfsprogramm für bedrohte Pilze

Geimpfte Baumstämme sollen seltene Arten fördern - Uni Bayreuth und Deutsche Bundesstiftung Umwelt als Partnerinnen

Pressemitteilung Nr. 68/2024

Datum: 08.08.2024

Mit vielen Helfern aus Wissenschaft und Praxis koordinieren Peter Karasch (v.l.) und Dr. Franziska Zahn das Impfen und Ausbringen der Versuchsstämme im Nationalpark Bayerischer Wald. (Foto: Nationalpark Bayerischer Wald)

Mit vielen Helfern aus Wissenschaft und Praxis koordinieren Peter Karasch (v.l.) und Dr. Franziska Zahn das Impfen und Ausbringen der Versuchsstämme im Nationalpark Bayerischer Wald. (Foto: Nationalpark Bayerischer Wald)

Bayerisch Eisenstein/Spiegelau. Es ist ein emsiges Wuseln auf dem Nationalpark-Betriebsgelände Graupsäge. Immer wieder erklingt der Akkubohrer. Daneben wird nicht ganz so laut geschraubt – und ganz leise geschmiert. Ein halbes Dutzend Praktikanten sorgt für die Geräuschkulisse. Ihr Auftrag: Pilze auf Baumstämme impfen. Nebenbei ist noch ein Trupp Forstwirte vor Ort. Es gilt mit den Projektverantwortlichen das Ausbringen der Versuchsstämme zu besprechen. Denn was hier gerade vorbereitet wird, ist ein in Mitteleuropa bisher nicht dagewesenes Unterfangen. Zehn seltene, zum Teil stark bedrohte Pilzarten sollen wieder angesiedelt werden.  

Dieses Artenhilfsprogramm der etwas anderen Art ist möglich durch die Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die das noch bis Anfang 2027 laufende Projekt mit 351.250 Euro unterstützt. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Zusammen mit der Universität Bayreuth und dem Nationalpark Bayerischer Wald betreten wir hier echtes Neuland. Denn erstmals werden gezielte Artenschutzmaßnahmen für seltene Pilzarten in der Praxis erprobt.“ Trotz der wichtigen Funktion von Pilzen besonders in Waldökosystemen gebe es dazu bisher fast keine Erfahrungen, so Bonde. Der DBU-Generalsekretär weiter: „Das gemeinsame Vorhaben der Pilzexperten von der Universität Bayreuth unter der Leitung von Professor Claus Bässler vom Lehrstuhl für Ökologie der Pilze und der Fachleute vom Nationalpark Bayerischer Wald ist daher innovativ und wegweisend für den praktischen Naturschutz.“

Duftender Feuerschwamm und Ästiger Stachelbart

Für die Arbeiten vor Ort ist Mykologe Peter Karasch zuständig.  Seine Einschätzung: „Von der Bedeutung her kann man das durchaus mit der Auswilderung der Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden vergleichen.“ Weit weniger sexy als große Vögel, naturschutzfachlich aber nicht minder bedeutend, seien die zehn Naturnähezeiger-Arten, denen man aktuell im ältesten deutschen Nationalpark unter die Arme greifen will. Dazu zähle etwa der an Tannen-Totholz vorkommende Duftende Feuerschwamm mit seinen flächigen, intensiv nach Rosen duftenden Fruchtkörpern oder der auf Buchen-Totholz angewiesene Ästige Stachelbart, der besonders filigrane, schon fast kristallin wirkende Fruchtkörper aufweist.

Anders als Vögel kann man die Pilze aber nicht einfach so im Wald aussetzen. „Deswegen kultivieren wir die Arten vorab auf Nährböden im Labor“, erklärt Dr. Franziska Zahn, die das Projekt am Lehrstuhl Ökologie der Pilze an der Universität Bayreuth betreut. Dabei baut das Projekt auf Vorerfahrungen aus dem Bayerischen Wald auf. „Nicht nur deswegen hoffe ich, dass wir bald Erfolge sehen“, so Dr. Zahn.

Mit Erfolgen sind allen voran äußerlich sichtbare Fruchtkörper gemeint. Denn zunächst einmal landen die Pilzmyzele auf Holzdübeln, die man vom Möbelaufbauen kennt. Diese werden in die jeweiligen Wirtsbäume – Fichte, Buche und Tanne – gesetzt und letztendlich in der Managementzone des Nationalparks verteilt. Rund 400 geimpfte Stammstücke umfasst das zu 100 Prozent von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt finanzierte Projekt.

Hoffnung auf ähnlich gute Erfolge wie bei Speisepilz-Zucht

„Ich freue mich, dass wir schon so weit gekommen sind“, gibt sich Nationalparkmitarbeiter Peter Karasch optimistisch. „Und ich bin sicher, dass wir in spätestens zwei Jahren erste Fruchtkörper entdecken werden.“ Denn auch das ist anders als bei Vögeln: Sichtbarer Erfolg zeigt sich nicht sofort. Deswegen werden die 20 Projektstandorte in den Nationalpark-Dienststellen Bayerisch Eisenstein und Spiegelau in den kommenden Jahren einem regelmäßigen Monitoring unterzogen, um zu untersuchen, wie rasch sich die Arten unter welchen Bedingungen tatsächlich ausbreiten. „Wir hoffen, dass dies ähnlich gut funktioniert wie bei Speisepilzen, wo man schon viel Erfahrung hat. Tatsächlich gibt’s bei den seltenen Pilzarten aber noch keine vergleichbaren Erfahrungswerte“, so Forscherin Dr. Franziska Zahn.

„Dieses spannende Projekt wird mittelfristig sicher wertvolle Ergebnisse für den praktischen Naturschutz liefern“, sagt Nationalparkleiterin Ursula Schuster. „Und genau das soll die Forschung im Nationalpark ja auch sein, praxisorientiert.“ Daher dankt Schuster allen Beteiligten für den spannenden Ansatz. „Außerdem zeigt dieses Vorhaben abermals, wie wichtig ein gutes Netzwerk ist, denn ohne die starken Partner an unserer Seite könnten wir Derartiges nicht stemmen.“


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