Wo sich Biber und Eisvogel gute Nacht sagen

Eine Wanderung durch die Auenwildnis am Kolbersbach

Eintrag Nr. 21/2019
Datum:


Gemächlich schlängelt sich der Kolbersbach bei Ludwigsthal durch im Bayerald seltene Grau-erlen. Foto: Fabian Wirth
Gemächlich schlängelt sich der Kolbersbach bei Ludwigsthal durch im Bayerald seltene Grau-erlen. Foto: Fabian Wirth

Zu den aktivsten Landschaftsgestaltern im wilden Tal gehört der Biber, dessen Bauten man auch immer wieder bestaunen kann. Foto: Fabian Wirth
Zu den aktivsten Landschaftsgestaltern im wilden Tal gehört der Biber, dessen Bauten man auch immer wieder bestaunen kann. Foto: Fabian Wirth

Den Biber selbst bekommt man hingegen selten zu Gesicht, schließlich ist er hauptsächlich in der Nacht aktiv. Foto: Rainer Simonis
Den Biber selbst bekommt man hingegen selten zu Gesicht, schließlich ist er hauptsächlich in der Nacht aktiv. Foto: Rainer Simonis

Zu den exotischeren Vögeln, die man am Kolbersbach beobachten kann zählen Schwarzstorch ...
Zu den exotischeren Vögeln, die man am Kolbersbach beobachten kann zählen Schwarzstorch ...

... und Seeadler. Fotos: Rainer Simonis
... und Seeadler. Fotos: Rainer Simonis

Ludwigsthal. Ein sanfter Wind lässt das kniehohe Gras am Rand des kleinen Auenwaldes gemächlich hin und herschaukeln. Durch die Baumwipfel dringen vereinzelt die wärmenden Sonnenstrahlen vom leicht bewölkten Himmel. Während in einiger Entfernung das lebendige Gluckern des Wassers rund um die Biberburg die Landschaft erfüllt, lässt sich ein kleiner Vogel wippend auf dem Ast einer jungen Erle nieder. Wie ein großes Gesamtkunstwerk fügt sich in dieser kleinen Wildnis Detail für Detail aneinander.

„Wenn wir hierher zum Kolbersbach gehen, dann sagen wir immer, wir gehen nach Klein-Kanada“, sagte einmal ein einheimischer Wanderer am Rande der Auen-Landschaft des renaturierten Kolbersbachs beim Nationalparkzentrum Falkenstein. Der Vergleich mit den unberührten Wildnisgebieten Kanadas ist durchaus zutreffend und als Anerkennung für die Leistung des Nationalparks bei der Renaturierung des Kolbersbaches zu verstehen. Um das Jahr 2000 bot sich nämlich an dieser Stelle noch ein gänzlich anderes Bild: Über ein Jahrhundert intensiver Holzwirtschaft hatten von dem einst wild mäandernden Bach von den Hängen des Falkensteins bis zur Mündung in den Regen nur eine begradigte Kanalanlage zur Holztrift mit angrenzenden Fichten-Monokulturen hinterlassen. Unter breiter Zustimmung der Anwohner erfolgte in den Jahren darauf eine umfangreiche Umgestaltung und Renaturierung des Flusslaufes zwischen Lindbergmühle und Ludwigsthal.

Einst waren hier Goldwächer aktiv

Der Name Kolbersbach leitet sich aus der ursprünglichen Bezeichnung „Goldbergbach“ ab und dokumentiert damit auch die Epoche der Goldwäscher, die in der früheren Zeit dort ihr Glück gesucht haben. Gold gibt es am Fuße des großen Falkensteins schon lange nicht mehr zu finden. Dafür bietet sich heute dem Besucher ein noch weitaus wertvollerer Schatz: Eine unberührte, idyllische Naturlandschaft mit einer enormen Artenvielfalt vor dem beruhigenden Rauschen eines klaren Bergbachs. „Bereits kurz nach der Renaturierung begann die recht seltene Grau-Erle rund um den Bach zu wachsen“, erklärt Dr. Christoph Heibl, Naturschutzbiologe und Botaniker des Nationalparks, „Im Laufe der Jahre haben sich die Erlen dann zu einem stattlichen Auenwald entwickelt.“

Nach der Besiedelung des Areals durch den Biber und dessen fortwährende Mitgestaltung entstand darüber hinaus ein dynamisches und sehr artenreiches Wildnisgebiet, in dessen grünen Wiesen, Mischwaldzonen und rauen Bachufern auch eine größere Kreuzotterpopulation ein Refugium gefunden hat. Nur wenige hundert Meter hinter den Weiden der Wildpferde am Nationalparkzentrum Falkenstein beginnt der unscheinbare, schmale Pfad zwischen kniehohem Gras, der sich mehrere Kilometer durch die abwechslungsreiche Auen- und Uferlandschaft bis zum Ortsteil Lindbergmühle schlängelt.

Hochwasserschutz und wissenschaftliche Langzeitbeobachtungen

Neben der Bedeutung des Gebiets für den Hochwasserschutz gehört auch ein großer wissenschaftlicher Wert zu den positiven Auswirkungen der Kolbersbachrenaturierung. Als bedeutendes Studienobjekt für Vegetationsentwicklung finden neben der landschaftlichen Aufwertung auch Langzeitbeobachtungen der Flora und Fauna in diesem Bereich statt, die den optischen Eindruck bei einem Spaziergang durch diese Wildnis auch wissenschaftlich untermauern:

Mit der Rückkehr zahlreicher Insektenarten in dieses Reich der Natur hielten nämlich auch seltene und schützenswerte Vogelarten Einzug. Neben den im Bayerwald häufiger vorkommenden Vögeln begegnen dem Wanderer am Kolbersbach nun auch Exoten wie Schwarzstorch, Seeadler und der durch sein charakteristisches, türkisblaues Federkleid auffallende Eisvogel. Besonders letzterer ist durch seinen speziellen Anspruch an natürliche Steilufer für die Brut im Bestand gefährdet und hat nun dank der Schaffung einer naturnahen Bachlandschaft im Nationalpark Bayerischer Wald wieder eine Heimat gefunden. Sollte sich dieser kleine, paradiesisch anmutende Vogel vor Ort aber doch einmal nicht zeigen, so entschädigt die landschaftlich äußerst attraktive Wanderung vor der sommerlichen Kulisse der dunkelgrünen Falkenstein-Hänge und dem beruhigenden Plätschern des Wildbachs den Besucher.

Tipp: Wer Interesse an einer Wanderung durch die idyllischen Auen des renaturierten Kolbersbaches hat, dem sei die vom Nationalpark angebotene Führung „Auen-Wildnis am Kolbersbach“ wärmstens ans Herz gelegt. Die rund dreistündige Tour findet in den Sommerferien an drei Freitagen – 9. und 23. August sowie 6. September – jeweils um 11 Uhr statt. Treffpunkt ist der ausgeschilderte Eisenbahntunnel am Nationalparkzentrum Falkenstein. Für die Wanderung ist eine frühzeitige Anmeldung unter der Telefonnummer 0800 077 66 50 notwendig. Wasserfestes Schuhwerk und eine lange Hose sind für die Wanderung empfehlenswert.

 

Text: Fabian Wirth

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