Vom Gänseblümchen bis zum Kernreaktor

Umweltminister Thorsten Glauber verrät im Interview, wie er Bayern wieder mehr zum Blühen bringen will

Eintrag Nr. 25/2019
Datum:


Staatsminister Thorsten Glauber. Foto: StMUV
Staatsminister Thorsten Glauber. Foto: StMUV

München. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber hat ein breites Spektrum an Aufgaben. Für die größten und wichtigsen möchter er schnell gute Lösungen finden. Wie er Bayern wieder mehr zum Blühen bringen will, worauf er stolz ist und sich besonders freut, verrät der Minister im Interview.

Drei Monate nach Ihrem Amtsantritt als Umweltminister im November vergangenen Jahres haben Sie den Nationalpark Bayerischer Wald besucht. Ihre erste Visite in der Region?

Thorsten Glauber: Der Nationalpark Bayerischer Wald ist für mich eine der schönsten Regionen Bayerns und ein tolles Urlaubs- und Ausflugsziel. Er ist gleichzeitig Naturerlebnis für die ganze Familie und ein Leuchtturm der Artenvielfalt. Die Wälder, Moore und Gewässer sind Heimat unzähliger Pflanzen und Tiere. Tierische Bewohner wie der Luchs, die schon verschwunden waren, sind wieder zurückgekehrt. Eine Erfolgsgeschichte, auf die wir in Bayern sehr stolz sind. Umso schöner, dass ich den Nationalpark jetzt auch dienstlich besuchen kann.

Wie haben Sie sich in Ihr Amt eingelebt?

Thorsten Glauber: Die Vielfalt der Aufgaben ist einzigartig. Ob Hochwasserschutz, Klimapolitik, Artenvielfalt oder Reaktorsicherheit: Als Bayerischer Umweltminister bin ich vom Gänseblümchen bis zum Kernreaktor zuständig. Es ging von Anfang an um die großen Themen. Gleich zu Beginn wurde nach einem Hochwasserschutzkonzept für Bayern gefragt. Das Volksbegehren zum Artenschutz, der Schutz des Klimas oder die Diskussion um Tiertransporte – in diesem Amt ist immer etwas geboten. Für diese großen und wichtigen Aufgaben will ich Lösungen erarbeiten.

Der Nationalpark Bayerischer Wald gilt als eines der 30 Hotspot-Gebiete für biologische Vielfalt in Deutschland. Mehr als 3250 Insektenarten sind bislang hier nachgewiesen. Was können wir in Bayern auch außerhalb der Schutzgebiete für die Artenvielfalt tun?

Thorsten Glauber: Wir haben große Ziele: Beispielsweise wollen wir bayernweit den Flächenverbrauch bremsen und den Umfang der naturnah bewirtschafteten Flächen im Vertragsnaturschutz verdoppeln. Gefordert sind wir alle, nicht nur die Landwirtschaft. Artenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Mit einer breiten Infokampagne wollen wir in der Bevölkerung für ein bienen- und insektenfreundliches Umfeld auf Balkonen und in Gärten werben. Um Insekten zu unterstützen, muss es in Bayern wieder mehr blühen. Wir brauchen Blumenwiesen, blühende Hecken, Feld- und Waldränder oder auch Wildblumen und Kräuter auf Balkonen und Terrassen.

18,3 Prozent der bayerischen Wahlberechtigten haben im Februar beim Volksbegehren „Rettet die Bienen“ für mehr Artenvielfalt gestimmt. Der Entwurf ist nun Gesetz in Bayern. Wie wirkt sich diese Koalitionsentscheidung auf Ihre Umweltpolitik aus?

Thorsten Glauber: Der Schutz bedrohter Arten und unserer heimischen Natur ist eine der größten Aufgaben unserer Zeit. Wir wollen in Bayern mit gutem Beispiel vorangehen: Wir wollen die Trendumkehr beim Artenschwund schaffen. Das aktuelle Volksbegehren mit Begleitgesetz stellt die Weichen in Richtung Artenschutz der Zukunft. Ziel ist beispielsweise ein großes Netz von Blühflächen in Bayern. Wir brauchen dazu blühende Bänder entlang von Gewässern, Straßen und Wäldern, auch sollen zehn Prozent der Staatswald-Flächen aus der Nutzung genommen werden. Artenschutz geht nur gemeinsam. In dem Begleitgesetz sollen unbeabsichtigte Härten des Volksbegehrens abgefedert und Verbesserungen vorgenommen werden. Es handelt sich um ein zusätzliches Handlungspaket für mehr Natur- und Artenschutz, das neben der Landwirtschaft auch Staat und Gesellschaft in den Blick nimmt.

Gerne binden Sie junge Menschen in Ihre Entscheidungsfindung mit ein: Bei Ihrem Besuch im Nationalpark Bayerischer Wald haben Sie sich mit den Junior Rangern unterhalten. Wie wichtig ist es Ihnen, den Nachwuchs für die Schönheit der Natur zu sensibilisieren?

Thorsten Glauber: Ich freue mich über das große Engagement der Kinder und Jugendlichen. Sie sind die Botschafter von morgen für die Natur. Was gerade hier im Nationalpark geleistet wird, ist ein Vorbild für die Umweltbildung und für die Verständigung mit der Bevölkerung. Wichtig ist, dass die Nationalpark-Idee von den Menschen getragen wird. Die Junior Ranger leisten dazu einen wertvollen Beitrag.

Ende April ist das erste Buch der schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg erschienen. Haben Sie es gelesen?

Thorsten Glauber: Greta Thunberg hat einen großen Stein ins Rollen gebracht. Der Klimawandel ist eine der größten Aufgaben unserer Zeit. Es ist sicher interessant und spannend, ihre Geschichte zu lesen. Wichtig ist aber vor allem, die richtigen Schlüsse aus der laufenden Diskussion zu ziehen: Wir brauchen mehr Einsatz und echte Erfolge für den Klimaschutz! Auf Landesebene sind wir gerade dabei, hier die Weichen richtig zu stellen.

Hätten Sie auch die Schule geschwänzt, um politisches Gehör für einen besseren Klimaschutz zu finden?

Thorsten Glauber: Wenn einem etwas wirklich wichtig ist, muss man sich Gehör verschaffen. Und die Demonstrationen für den Klimaschutz während der Schulzeit tragen sicherlich dazu bei. Das Engagement der Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz ist ein deutliches Signal, auch an die Politik. Mir ist wichtig, dass der Einsatz der Jugendlichen gewürdigt und ernst genommen wird. Deswegen habe ich im Frühjahr auch zu zwei Jugendklimakonferenzen nach Erlangen und München eingeladen – allerdings außerhalb der Unterrichtszeit – und schließlich die Forderungen der Schülerinnen und Schüler auch mit ins Kabinett genommen!

Im kommenden Jahr steht ein bedeutendes Jubiläum an: Der Nationalpark Bayerischer Wald feiert seinen 50. Geburtstag.

Thorsten Glauber: Deutschlands ältester Nationalpark wird 50: Einen schöneren Anlass für große Jubiläumsfeiern kann man sich doch kaum wünschen. Wir haben dazu ein schönes Geburtstagspaket geschnürt. Mit verschiedenen Maßnahmen machen wir den Nationalpark fit für die Zukunft. Die Region soll auch weiterhin ein Magnet für sanften Tourismus und Naturerlebnis sein. Ich freue mich auf das kommende Jahr mit einer Vielzahl von Veranstaltungen.

 

Dieser Artikel stammt aus der neuesten Ausgabe des Nationalpark-Magazins "Unser Wilder Wald". Das komplette Heft können Sie HIER als PDF-Dokument herunterladen.

 

Interview: Alexandra von Poschinger

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