Einer der auszog den Wald zu gestalten

Förster-Chef im Nationalpark: Franz Baierl geht in den Ruhestand - Vom Intermezzo zum Traumjob

Pressemitteilung Nr. 128/2024

Datum: 27.12.2024

Einer von Franz Baierls Lieblingsplätzen im Nationalpark: Der Seelensteig unterhalb des Großen Rachels. (Foto: Gregor Wolf/Nationalpark Bayerischer Wald)

Einer von Franz Baierls Lieblingsplätzen im Nationalpark: Der Seelensteig unterhalb des Großen Rachels. (Foto: Gregor Wolf/Nationalpark Bayerischer Wald)

Spiegelau. Eigentlich hätte es diese Szene gar nicht geben sollen. Franz Baierl, studierter Förster, geht in den letzten Tagen seines Arbeitslebens über den Seelensteig unterhalb des Großen Rachels. Links und rechts vom Bohlenweg stehen mächtige Totholzstämme, liegen Bäume mikadoartig am Waldboden, sprießen hunderte Triebe gen Winterhimmel. Wildnis pur. Richtig ausgesucht hat sich der 63-Jährige, der im Nationalpark das Sachgebiet Wald- und Flächenmanagement leitet, dieses Arbeitsumfeld anfangs nicht. Eigentlich wollte er ab 1995 die Wälder des Forstamts Zwiesel aktiv gestalten. Doch dann kam alles anders als erwartet.

Seit 1988 steht Baierl nun schon im Staatsdienst. Nach Stationen in Deggendorf, München, Garmisch-Partenkirchen und Griesbach im Rottal kam der baldige Pensionär Mitte der 1990er Jahre in den Bayerischen Wald – als stellvertretender Leiter des Forstamts Zwiesel. „Ich war erst rund ein Jahr da, als die ersten Diskussionen um eine Erweiterung des Nationalparks aufkamen.“ Wieder ein Jahr später war es um das Forstamt Zwiesel geschehen. Die Gebiete rund um den Großen Falkenstein nebst rund 50 Mitarbeitenden wechselten zum Nationalpark. „Natürlich wurden wir gefragt, ob wir mitgehen wollen“, blickt Baierl zurück. Er wollte und wurde Sachgebietsleiter. „Doch eigentlich wäre der Plan schon gewesen, nach vier, fünf Jahren wieder in ein Forstamt zu wechseln.“ Dieser Plan hatte jedoch nicht lange Bestand.

„Borkenkäfer hat meine Tätigkeit geprägt“

„Mit der Zeit habe ich zunehmend Gefallen an dem Job im Nationalpark gefunden“, so Baierl rückblickend über seine Anfangsjahre beim Schutzgebiet. „Die Aufgaben sind deutlich vielfältiger als sie es damals im Forstamt waren.“ Forschung, Naturschutz, Umweltbildung, Öffentlichkeitsarbeit – all das und noch mehr habe er ebenfalls auf der Agenda gehabt. „Generell hatte ich auch sehr viel mit Menschen zu tun – und das hat mir immer Spaß gemacht.“ Rückblickend spricht er auch nur lobend von Kollegen und Partnern: „Die Zusammenarbeit war immer sehr angenehm.“

Herausfordernder war da ein kleiner Waldbewohner, der Borkenkäfer. „Der hat meine Tätigkeit natürlich geprägt“, sagt Baierl. Denn auch wenn im Nationalpark auf 75 Prozent der Fläche „Natur Natur sein lassen“ gilt, wird der Borkenkäfer in den Managementzonen, in Nachbarschaft zu Privatwäldern, bekämpft, um die Angrenzer zu schützen. „Dabei haben wir in den knapp 30 Jahren, die ich nun hier arbeite, alle Methoden genutzt, die es gibt.“ Aufarbeitung mit Waldarbeitern, Komplettentrindung, Harvester, Debarking Harvester, Helikopter, Rückepferde und Co., der Werkzeugkasten sei reichlich gefüllt gewesen.

Die Natur freut sich über die Erfindung des streifenförmigen Entrindens

Der größte Technik-Schritt sei dabei der Debarking Harvester gewesen, also ein Holz-Vollernter, der nicht nur Bäume fällt, sondern im Nachgang auch die komplette Rinde entfernt. „Somit hat der Borkenkäfer keine Chance mehr sich weiterzuentwickeln“, weiß Baierl. Auch die Technik des streifenförmigen Entrindens wurde im Nationalpark erfunden und kommt mittlerweile nicht nur im Bayerischen Wald zum Einsatz. Baierls Fazit dazu: „Es funktioniert gut, ist schneller als die manuelle Komplettentrindung, schaut gut aus und bringt zudem auch etwas für die Artenvielfalt.“

Gerade letzter Punkt sei im Nationalpark freilich besonders wichtig. Nicht umsonst wurde 2024 schon fast die Hälfte des in den Managementzonen angefallenen Borkenkäferholzes so behandelt. Wobei es auch für Baierl anfangs nicht selbstverständlich war, Holz im Wald einfach liegen zu lassen. „Für einen Förster ist das von der Ureinstellung her natürlich erstmal ungewöhnlich“, so der 63-Jährige. „Doch der Natur tut es unglaublich gut.“ Nicht umsonst ziehe das Belassen von Totholz auch immer mehr in Wirtschaftswälder ein, zum Beispiel bei wertvollen Biotopbäumen.

„Damals haben wir am Lusen junge Baumtriebe im Gras gesucht“

Und auch Besucher würde die Wildnis faszinieren. „Wenn ich auf meine zig Führungen zurückblicke muss ich immer wieder an eine Tour mit angehenden Waldführern am Ruckowitzberg denken, das war kurz nach Sturm Kyrill. Wir stapften da durch eine der größten Windwurfflächen in der Region und waren einfach nur begeistert. Es war ein Erlebnis.“ Kurz darauf gab’s dort dann sogar einen Windwurferlebnisweg für Jedermann. Und die Kraft der Natur habe selbst den Waldexperten Baierl überrascht. „Wenn ich mich erinnere, wie wir Ende der 90er Jahren rund um den Bereich der Glasarche am Lusen junge Baumtriebe im Gras gesucht haben… Das kann man sich beim heutigen Anblick gar nicht mehr vorstellen.“ Dabei habe Baierl nie daran gezweifelt, dass sich der Wald nach Störungen wieder von selbst erholt. „Das es so schnell geht, hätte ich aber nicht gedacht.“

Und so will Baierl die Entwicklung auch im Ruhestand weiter beobachten. Er ziehe zwar bald ins Donautal, wolle aber immer wieder zum Wandern zurückkommen, gerade die Bereiche am Falkenstein und Lackenberg „werden die nächsten Jahre unglaublich spannend sein“. Ob er das Bleiben im Nationalpark rückblickend bereut? „Nein. Ich bin sehr froh, hier geblieben zu sein. Gerade diesen Waldwandel miterleben zu dürfen war einzigartig.“

 

Nachfolge im Sachgebiet

Nach dem Abschied von Franz Baierl übernimmt Jochen Linner, bisher stellvertretender Leiter des Sachgebiets Naturschutz und Forschung, die Leitung im Sachgebiet Wald- und Flächenmanagement. Sein Stellvertreter wird Tobias Friedmann, der bis dato die Nationalparkdienststelle Riedlhütte leitete.


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