Entwicklung und Erprobung eines Fernerkundungsgestützten Waldökosystemmonitorings
Motivation:
Die Folgen des Klimawandels für die Wälder in Deutschland sind durch zahlreiche trockene Sommer in den vergangenen Jahren unübersehbar geworden. Auch vor dem Nationalpark Bayerischer Wald macht diese Entwicklung nicht halt. So hat sich die durchschnittliche Temperatur im März um mehr als 3 Grad erhöht. Statt durchschnittlich einem Sommertag, wie in den 1970er Jahren in den Hochlagen, können aktuell bis zu 40 Sommertage pro Jahr beobachtet werden. Diese rapiden Veränderungen führen auch zu einer schnellen Veränderung der Wälder. Deshalb ist es von großer Bedeutung, deren Entwicklung und Zustand fortlaufend und zeitlich hochauflösend zu erfassen.
Nationalparks spielen eine große Rolle für das Langzeitmonitoring, da sich diese Schutzgebiete auf großer Fläche ohne menschliche Einflüsse entwickeln können. Das macht sie perfekt für die Beobachtung der durch die Klimaveränderung ausgelösten Veränderungen des Waldes. Der Nationalpark Bayerischer Wald stellt für die langzeitliche Erfassung von Waldökosystemen ein ideales Untersuchungsgebiet dar, da in den vergangenen Jahren im Rahmen des "Datenpools Fernerkundung" zahlreiche hochaufgelöste Fernerkundungsdatensätze erfasst wurden. Gleichzeitig wurden im Nationalpark seit seiner Gründung auch für verschiedenste Fragestellungen umfangreiche Bodendaten zur Waldstruktur auf Dauerbeobachtungsflächen sowie bei Inventuren aufgenommen.
Basierend auf den Analysen und Ergebnissen dieses Projektes lassen sich unter anderem Managementmaßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung des Waldes erarbeiten. Deshalb sind diese Analysen auch von Bedeutung für die Bewirtschaftung der Nutzwälder, da sie wichtige Erkenntnisse für die Forstwissenschaft und die forstliche Praxis liefern.
Projektziele:
Im Rahmen des Projektes soll ein Konzept zur Verknüpfung innovativer Fernerkundungsmethoden mit Bodendaten aus Waldinventur- und Dauerbeobachtungsflächen entwickelt werden, welches die Beobachtung von Strukturen erlaubt, die nicht ausschließlich mit Hilfe der Fernerkundung erfasst werden können. Dazu zählen diverse Biodiversitätsparameter wie Vegetationsdichte, Biomasse, Phänologie, Photosynthese-Aktivität und Waldstruktur – zum Beispiel Höhe, Durchmesser und Alter der Bäume, Baumartenverteilung, Biomassenvorrat oder Waldverjüngung. Diese Parameter sollen sowohl aktuell als auch retrospektiv erfasst und modelliert werden. Dazu werden auch Bodendaten als Referenz neu erfasst beziehungsweise aus vergangenen Projekten implementiert. Die gesamten Daten werden anschließend im Hinblick auf die Entwicklung des Waldes im Rahmen der aktuellen Waldschadensproblematiken und den Erfordernissen der Nationalparkverwaltung ausgewertet. Die generierten Produkte zur Biodiversität und Waldstruktur sollen anschließend so verwaltet werden, dass sie für Nutzer leicht zugänglich sind und unterstützen außerdem weitere Forschungsprojekte des Nationalparks.
Schlussendlich sollen alle Analysen nicht nur auf den Nationalpark Bayerischer Wald beschränkt sein, sondern auch in Zusammenarbeit mit anderen Nationalparks auf deren Flächen angewandt werden.
Über Punktwolken aus bodengestützten Laserscanning Systemen lässt sich die Struktur des Waldes auch unterhalb des Laubwerks sehr genau erfassen. Im 3D-Punktwolkenvideo auf unserem YouTube-Kanal ist dies Eindrucksvoll zu erkennen.
Methodik:
Die bereits vorhandenen umfangreichen Bodendaten zur Waldstruktur und Biodiversität sollen durch neue Aufnahmen ergänzt und aktualisiert werden. Um dabei Zeit und Kosten zu sparen soll auf die Durchführung einer Waldinventur mit klassischen Methoden weitestgehend verzichtet werden. Anstelle dessen soll auf repräsentativen Punkten und Flächen die 3D-Struktur des Waldes mit einem mobilen Laserscanner hochgenau erfasst werden. Diese Daten werden mit Laserscanning und hochaufgelösten Multi- und Hyperspektraldaten aus Drohnen- und Flugzeug-Befliegungen verschnitten und somit auf die Fläche des gesamten Nationalparks hochgerechnet. Auch diese Daten sollen neu aufgenommen werden, so dass aktuelle Referenzdaten zur Verfügung stehen, mit denen auch Aufnahmen aus vergangenen Zeitschritten kalibriert werden können.
Zur Implementierung eines zeitlich möglichst hochaufgelösten und langfristigen Monitorings werden die Ergebnisse mit Daten verschiedener Satellitensysteme – multispektral, thermal, hyperspektral, RaDAR, LiDAR und Co. – verschnitten. Dafür sollen insbesondere die frei verfügbaren Satellitendaten der europäischen und amerikanischen Raumfahrtbehörden ESA und NASA genutzt, aber auch hochauflösende Satellitenbilder hinzugezogen werden, zum Beispiel um die Phänologie verschiedener Baumarten beobachten zu können. Für die langfristige Beobachtung kann auf die Satelliten der Landsat-Serie zurückgegriffen werden, die bereits seit 1972 – also fast seit der Gründung des Nationalparks – durchgehend Daten erfassen. Hierbei können die bereits vorhandenen, umfangreichen historischen Bodendaten als Referenz dienen. Zur Datenanalyse und Modellierung der Zielparameter werden innovative Modelle und Algorithmen vor allem im Bereich des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz genutzt.
Ansprechpartner:
Jakob Ebenbeck
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
jakob.ebenbeck@npv-bw.bayern.de
Prof. Dr. Marco Heurich
Sachgebietsleiter
Marco.Heurich@npv-bw.bayern.de