Dynamische Wildunfallwarnung unter Verwendung heterogener Verkehrs-, Unfall- und Umweltdaten sowie Big Data Ansätze
Motivation:
Wildunfälle tragen in einem erheblichen Maße zum Unfallaufkommen auf deutschen Straßen bei. Dabei zeichnet sich - parallel zum Anstieg der Verkehrszahlen und der Zunahme von Wildtierbeständen - in den vergangenen Jahren eine steigende Tendenz der Wildunfälle ab. Bis dato können mehrere Gründe angeführt werden, warum Schutzmaßnahmen schwer zu bewerten und umzusetzen sind: Die Datenbasis für eine genaue Analyse der Unfallursachen ist schwach, Gegen- und Schutzmaßnahmen sind stark umstritten und teuer beziehungsweise führen bei Wildtieren und Autofahrern zu Gewöhnungseffekten. Im Projekt WilDa haben sich deshalb sieben Partner zusammengeschlossen, um Systeme und Methoden zur besseren dynamischen Warnung vor Wildunfällen und eine bessere Datengrundlage für die Planung von vorbeugenden Schutzmaßnahmen wie Zäunen, Schildern, Reflektoren oder Grünbrücken zu entwickeln.
Projektziele:
Ziel des Projekts WilDa ist es, drei aktuelle Entwicklungen aufzugreifen, die dabei helfen können, Wildunfälle in Zukunft besser vorbeugen zu können:
- Georeferenzierte Unfalldaten, zum Beispiel der Bayerischen Polizei der vergangenen sieben Jahre, liefern die Datengrundlage, um über einen längeren Zeitraum hinweg das Unfallgeschehen räumlich und zeitlich nachvollziehen zu können.
- Neue Methoden der räumlich-zeitlichen Analyse großer Datenmengen erlauben es, Geodaten aus den Bereichen Verkehrsverwaltung, Fernerkundung – etwa Telemetriedaten und Aktivitätssensordaten – oder Wetterdienst heranzuziehen, um Wildunfälle räumlich prädiktiv und quantitativ fundiert verstehen und erklären zu können.
- Webtechnologien und mobile Anwendungen ermöglichen es, Verkehrsteilnehmer örtlich und zeitlich zielgerichtet im Hinblick auf ein erhöhtes Unfallrisiko zu warnen.
Es sollen diejenigen Faktoren identifiziert werden, die Wildunfälle beeinflussen. Davon abhängig wird das Unfallrisiko räumlich-zeitlich berechnet.
Untersuchungsdesign:
WilDa entwickelt auf Basis von Wildunfalldaten, mit Hilfe von Geo-, Verkehrs-, Wetter- und Umweltdaten und unter Berücksichtigung des Wildtierverhaltens ein Verfahren zur räumlich-zeitlichen Analyse von Wildunfällen. Eine Methodik zur Analyse dieser heterogenen Datenbestände soll mittels neuer Methoden der Geostatistik und Informatik – Stichworte Habitat- und Bewegungsanalysen in R, DataMining-Algorithmen – entwickelt werden. Dies stellt die Grundlage für zeitlich und räumlich optimierte Wildwarnungen zum Beispiel auf digitalen Endgeräten der Verkehrsteilnehmer als auch eine verbesserte Planungsgrundlage für Schutzmaßnahmen dar. Ideengeber für Ersteres war die wuidi-GmbH. Eine Identifikation von Gefahrenschwerpunkten sowie eine Prognose von unfallgefährdeten Stellen soll damit möglich gemacht werden. Zudem wird überprüft, inwieweit die Erkenntnisse zu Wildunfällen von der Testregion rund um den Nationalpark Bayerischer Wald auf Gebiete ohne aufgezeichnete Unfälle übertragen werden können. Digitale Geschäftsmodelle und eine nationale wie internationale Übertragbarkeit werden geprüft und die Verwertung in einem Unternehmen sichergestellt.
Finanzierung:
- Das Projekt WilDa wird gefördert vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Förderprogramm: mFUND (Modernitätsfonds)
Ansprechpartner:
Nationalpark Bayerischer Wald (Analyse von Tierverhalten und Unfallmustern):
Dr. Christian von Hoermann
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Christian.vonHoerman@npv-bw.bayern.de
Prof. Dr. Marco Heurich
Sachgebietsleiter
Marco.Heurich@npv-bw.bayern.de
Technologiecampus Freyung (Modellaufbau Wildunfallerklärung):
Raphaela Pagany
wissenschaftliche Mitarbeiterin
raphaela.pagany@th-deg.de
Prof. Dr. Wolfgang Dorner
Leiter des Technologie Campus Freyung
wolfgang.dorner@th-deg.de
Kooperationspartner:
- Nationalpark Bayerischer Wald
- Hans Lindner Stiftung
https://www.hans-lindner-stiftung.de/ - Bayerische Polizei und Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr
https://www.stmi.bayern.de/sus/polizei/index.php - Bayerischer Jagdverband
https://www.jagd-bayern.de/ - Deutscher Jagdverband
https://www.jagdverband.de/ - ADAC
https://www.adac.de/
Veröffentlichungen:
- Bayerischer Jagdverband e.V. (2016). Folgen Zerschnittener Lebensräume. Jagd in Bayern (1/2016): 16–17.
- Dussault Christian, Poulin Marius, Courtois Réhaume, Ouellet Jean-Pierre (2006). Temporal and Spatial Distribution of Moose-Vehicle Accidents in the Laurentides Wildlife Reserve, Quebec, Canada. Wildlife Biology 12(4): 415–425.
- Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) (2015). Versicherungskunden melden 238.000 Wildunfälle. https://www.gdv.de/2015/10/versicherungskunden-melden-238-000-wildunfaelle/ (Abruf: 05.08.16).
- Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) (2016). Massenphänomen Wildunfälle. https://udv.de/de/strasse/landstrasse/ massenphaenomen-wildunfaelle (Abruf: 12.04.16).
- Hindelang Mary, Premo Dean, Rogers Elizabeth, Premo Kent (1999). Addressing Deer-Vehicle Accidents with an Ecological Landscape GIS Approach. In Proceedings of the Third International Conference on Wildlife Ecology and Transportation. FL-ER-73–99. Florida Department of Transportation, Tallahassee, Florida Pp. 185–192.
- Hothorn Torsten, Brandl Roland, Müller Jörg (2012). Large-Scale Model-Based Assessment of Deer-Vehicle Collision Risk. PLOS ONE 7(2): e29510.
- Hubbard Michael, Danielson Brent, Schmitz Richard (2000). Factors Influencing the Location of Deer-Vehicle Accidents in Iowa. The Journal of Wildlife Management 64(3): 707–713.
- Morelle Kevin, Lehaire François, Lejeune Philippe (2013). Spatio-Temporal Patterns of Wildlife-Vehicle Collisions in a Region with a High-Density Road Network. Nature Conservation (5). https://orbi.ulg.ac.be/handle/2268/158178 (Abruf: 23.11.15).
- Mysterud Atle (2004). Temporal Variation in the Number of Car-Killed Red Deer Cervus Elaphus in Norway. Wildlife Biology 10(3): 203–211.
- Pagany Raphaela, Dorner Wolfgang (2016). Spatiotemporal analysis for wildlife-vehicle-collisions based on accident statistics of the county Straubing-Bogen in Lower Bavaria. ISPRS - International Archives of the Photogrammetry, Remote Sensing and Spatial Information Sciences XLI-B8: 739–745.
- Putmam, R. J. (1997). Deer and Road Traffic Accidents: Options for Management. Journal of Environmental Management 51(1): 43–57.
- Statistika (2015). Anzahl der Unfälle mit Personenschaden durch Wild auf der Fahrbahn in Deutschland von 1975 bis 2015. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/155379/umfrage/unfaelle-mit-personenschaden-durch-wild-auf-der-fahrbahn/ (Abruf 05.08.16).
- Schmüser Heiko (2016). Wildtierkataster - Totfund-Kataster. https://www.wildtier-kataster.uni-kiel.de/pages/projekte/totfund-kataster.php (Abruf 05.08.16).