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Die Besucher nicht nur zählen, sondern kennenlernen

Julia Zink und Florian Porst gehen den Gewohnheiten der Nationalparkgäste auf den Zahn

Eintrag Nr. 47/2023
Datum:


Florian Porst (2. v. l.) im Gespräch mit Besuchern. Foto: Josef Stemberg
Florian Porst (2. v. l.) im Gespräch mit Besuchern. Foto: Josef Stemberg

Julia Zink mit Fragebogen.
Julia Zink mit Fragebogen.

Tourenportale, Apps und digitale Karten, die von den Befragten als Informationsquellen für die Routenplanung genannt wurden.
Tourenportale, Apps und digitale Karten, die von den Befragten als Informationsquellen für die Routenplanung genannt wurden.

Ermittelte Daten eines „Durchschnittsbesuchers“ des Nationalparks Bayerischer Wald.
Ermittelte Daten eines „Durchschnittsbesuchers“ des Nationalparks Bayerischer Wald.

Waldhäuser. Wie zählen Tourismuseinrichtungen ihre Besucher? Indem notiert wird, wie viele Menschen Eintritt bezahlen. Im Nationalpark Bayerischer Wald ist dies nicht so leicht. Zum einen ist der Naturgenuss kostenlos, zum anderen gibt es hunderte Eintrittsmöglichkeiten in die wilde Natur. Um zu sehen, welche Besucher sich wann, wo und warum aufhalten, ist ein ausgefeiltes System nötig.

Julia Zink und Florian Porst stehen am Parkplatz Fredenbrücke unterhalb der Ortschaft Waldhäuser. An diesem Morgen machen sich an dem sonst sehr beliebten Ausgangspunkt nur wenige Besucher auf in Richtung Lusen. Es ist kalt und windig. Dass die beiden Nationalparkmitarbeiter für das Besuchermanagement zu¬ständig sind, sieht man auf den ersten Blick nicht. Im Gepäck haben sie Spaten, Arbeitshandschuhe, Eimer und Geräte, mit denen ein Laie so gar nichts anzufangen weiß.

Bereits 2013 startete eine Grundlagenerhebung

Es handelt sich um Sensoren und Zählgeräte, die in Holzpflöcken und in der Erde an Wander- und Radwegen verbaut werden. Diese gibt es in verschiedenen Ausführungen. „Manche zählen Radfahrer, andere Wanderer“, erzählt Florian Porst. „Manche registrieren nur, ob jemand vorbeigeht. Andere Zählgeräte können auch die Richtung erkennen, aus denen die Besucher kommen.“ Eine Technik, auf die man im Nationalpark nicht mehr verzichten will. „Wir haben mittlerweile das mit Abstand ausgefeilteste Besucherzählsystem in den deutschen Großschutzgebieten.“

Bis man im Schutzgebiet zu diesem Punkt gekommen ist, hat es mehr als zehn Jahre gedauert. Einzelne Untersuchungen zu den Besucherzahlen gab es immer wieder, 2013 nahm der Nationalpark eine erste Grundlagenerhebung in Angriff. 1000 Besucher wurden in Interviews befragt, welche Unternehmungen sie im Nationalpark machen, ob sie zufrieden sind und welche Ausflugsziele sie ansteuern. Zählgeräte hatte das Schutzgebiet damals noch nicht, man hatte sich vier ausgeliehen. Zusätzlich wurden die Besucher an 60 Standorten tageweise manuell gezählt und die Ergebnisse dann hochgerechnet. Man hatte zwar Zahlen, aber diese waren sehr vage. Und es war kein Monitoring. „Besuchermonitoring heißt, dass in regelmäßigen Abständen Erhebungen mit den immer gleichen Methoden gemacht werden“, erklärt Porst. Nur so könne man die Besucherentwicklung über die Jahre hinweg zuverlässig anlysieren.

Über 100.000 Grenzübertritte jedes Jahr

Begonnen wurde damit schließlich im Jahr 2017 in Form eines von der Europäischen Union geförderten Interreg-Projektes zusammen mit den Kollegen aus dem Nationalpark Šumava. „Aufgrund der Zahlen, die wir bisher hatten, war es klar, dass man den Nationalpark Bayerischer Wald nicht als alleinigen Untersuchungsraum sehen durfte, sondern auch das tschechische Schutzgebiet dazugehören muss“, berichtet Julia Zink. 110.000 Grenzübertritte gibt es im Jahr in den beiden Schutzgebieten, alleine 70.000 sind es in Buchwald bei Finsterau – das spreche für sich.

Doch nicht nur die Ausweitung des Gebietes kam als Neuerung dazu. Die Zählgeräte wurden mehr und die Fragestel¬lungen ausgefeilter. „Wir wollten von den Besuchern bei¬spielsweise nicht mehr wissen, mit welchem Verkehrsmittel sie anreisen – sondern warum sie nicht mit dem ÖPNV kommen“, so Zink. Schließlich wusste man aus der Grundlagenerhebung, dass 92 Prozent mit dem Auto kommen. Früher wurde gefragt, ob die Besucher durch Printmedien, das Internet oder über Tourenportale auf den Nationalpark als Ausflugsziel gestoßen sind. „Heute fragen wir gezielt, welche Tourenportale dies sind“, sagt Julia Zink und Florian Porst ergänzt: „Nur wenn wir klare Aussagen erhalten, kön¬nen wir unsere Besucherinfrastruktur verbessern.“

Antail der E-Bike-Fahrer liegt mittlerweile bei über 70 Prozent

Nach den ersten Befragungen stand beispielsweise fest, dass Nationalparkbesucher durchschnittlich sieben Kilometer wandern. „Auf unserer Homepage hatten wir aber nur Touren, die mindestens zwölf Kilometer lang waren. Durch die Rückmeldungen der Befragten konnten wir dies ändern“, sagt Porst. Auch auf die Rückmeldungen von tschechischen Gästen, dass die Markierungen auf bayerischer Seite für sie schwer zu verstehen seien, wurde reagiert. „Wir werden an jedem Grenzübergang eine Infotafel installieren, die unser System erklärt.“ Doch nicht nur um Verbesserungen für die Besucher geht es beim Monitoring, sondern auch um den Schutz der Natur. 2019 kamen 50 Prozent der Radfahrer mit dem E-Bike, 2022 waren es schon 71 Prozent. „Die Besucher werden dadurch immer mobiler und kommen mehr in die Hochlagen“, erklärt Porst. Das hat Auswirkungen auf sensible Arten – und auch hierauf muss reagiert werden.

Für eine gute Entwicklung des Nationalparks zum Wohle von Mensch und Natur ist ein fest installiertes Besuchermonitoring unumgänglich. Heuer, nach zehn Jahren, wird die Grundlagenerhebung wiederholt. Auch die Befragungen zur Akzeptanz und zur Regionalökonomie finden alle zehn Jahre statt. Die Bereiche Besucherinformation, grenzüberschreitende Erholung und Naturerlebnis stehen alle fünf Jahre auf dem Programm. Und so lernt der Nationalpark kontinuierlich über seine Besucher dazu und kann sein Angebot darauf ausrichten.

 

Hinweis: Dieser Text stammt aus der im August 2023 erschienenen Ausgabe des Nationalpark-Magazins "Unser wilder Wald". Die komplette Publikation kann auf der Nationalpark-Homepage als ePaper gelesen werden.

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