Ein Traum auf dem Weg zur Wirklichkeit
Christoph Promberger will in den Karpaten einen Nationalpark gründen - Bayerischer Wald als Vorbild
Eintrag Nr. 06/2023
Datum: 31.01.2023
Freyung/ inca Nou . Vor 15 Jahren war es einfach nur ein Traum: Der gebürtige Freyunger Christoph Promberger wollte zusammen mit seiner Frau Barbara im Süden der Karpaten Rumäniens ein Wildnisgebiet schaffen. Eine Herkulesaufgabe mit offenem Ausgang. Heute, nach vielen Jahren unermüdlicher Arbeit, ist aus dem Traum ein konkreter Plan geworden. Ein Plan für die Schaffung eines Nationalparks.
Warum verschlägt es einen Bayerwaldler nach Rumänien?
Das hab ich mich damals auch gefragt, als ich nach der Fertigstellung meiner Diplomarbeit aus dem Nationalpark im kanadischen Yukon nach Deutschland zurückgekommen bin. Ich wusste nämlich gar nicht genau, wo Rumänien ist. Schon während meines Studiums der Forstwissenschaft in München hat mich die Wildbiologie am meisten interessiert, vor allem die Wölfe. Nach der Diplomarbeit war für mich klar, dass ich auch meine Dissertation über Wölfe schreiben will. Und in Rumänien gibt es die meisten Wölfe in Europa.
Wie kam es dazu, dass Rumänien zu Ihrer zweiten Heimat wurde?
Ich wollte eigentlich nur drei Jahre bis zur Fertigstellung meiner Dissertation dortbleiben. In dieser Zeit hat mich das Land aber so fasziniert, dass ich nie mehr weggegangen bin. Rumänien ist für mich ein Land, das eine unglaublich hohe Lebensqualität bietet. Ich schätze die schöne Natur und dieses sehr ursprüngliche Leben hier. Wir haben über 200.000 Hektar Fläche, wo keine einzige Siedlung zu finden ist. Das muss man sich mal vorstellen, das gibt es in Europa sonst nirgendwo. Das war die optimale Kombination für das, was wir wollten. Großraubtierforschung, das 2003 abgeschlossen wurde. Danach habe ich zusammen mit meiner Frau einen Reitstall aufgebaut.
Und dann begann 2005 der große Traum vom Wildnisgebiet?
Am Anfang des Traums stand zunächst ein Schock. Damals wurden ehemals verstaatlichte Flächen an Privatbesitzer zurückgegeben. Dieser Prozess löste massive Kahlschläge und riesige Abholzungen aus. Das stellte für das Ökosystem der Karpaten eine ernsthafte Bedrohung dar. Die Wälder gingen vor die Hunde – das wollten meine Frau und ich nicht mit ansehen.
Was taten Sie gegen diese Entwicklung?
Wir haben die Stiftung „Conservation Carpathia“ gegründet mit der sehr ambitionierten Vision, einen über 200 000 Hektar großen Nationalpark zu schaffen. Anfangs waren wir nur zu zweit und es war eine fast absurde Idee. Aber jetzt sind wir schon sehr weit gekommen. Wir haben 27 000 Hektar Land bereits gekauft und mit 120 Mitarbeitern und einem Budget von zehn Millionen Euro im Jahr sind wir inzwischen die größte private Naturschutzorganisation in Osteuropa.
Wie wird man Nationalpark?
Es ist sehr schwierig, ein neuer Nationalpark bedeutet Veränderungen, das sorgt erst einmal für Skepsis. Wir haben viele Gegner, wie die Holzmafia, die Försterei und die Jäger. Unser Weg ist es nun, zuerst die Strukturen zu schaffen, die für einen Nationalpark bedeutend sind und immer mehr Menschen vor Ort für die Nationalparkidee zu gewinnen. Die örtliche Akzeptanz für ein Schutzgebiet ist das Non-Plus-Ultra. Wenn man diese nicht hat, kann man einen Nationalpark auf Dauer nicht halten.
Was tun Sie, um die Akzeptanz für den Nationalpark zu steigern?
Hier hilft uns die Kooperation mit dem Nationalpark Bayerischer Wald sehr stark. Wir waren schon dreimal dort und hatten immer Stakeholder mit dabei, wie Bürgermeister, Journalisten oder Vertreter der Forstbehörden. Wir zeigen ihnen, welche beeindruckende Infrastruktur hier geschaffen wurde und dass ein Nationalpark ein Motor für Regionalentwicklung sein kann. Das ist einfach unglaublich überzeugend.
Waren die bisherigen Exkursionen erfolgreich?
Absolut. Alle, die wir bisher im Bayerischer Wald dabeihatten, waren am Ende begeistert und wollen nun auch einen Nationalpark. Besonders die acht Bürgermeister der im Schutzgebiet liegenden Gemeinden ziehen jetzt an einem Strang. Wir wollen einen Verband mit den acht Gemeinden und dem Kreisrat des Gebietes gründen. So können wir miteinander planen und uns als eine Region vermarkten. Das ist etwas, was wir uns vom Bayerischen Wald abgeschaut haben. Dass sich hier die Gemeinden in der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald zusammengeschlossen haben, imponiert uns sehr. Ebenso der Ansatz, dass man jeder Gemeinde etwas gibt. Wir fangen gerade an, drei kleine Besucherzentren einzurichten und ein Umweltbildungszentrum.
Wieso haben Sie ausgerechnet den Nationalpark Bayerischer Wald als Vorbild gewählt?
Erstens, weil ich selber aus dem Bayerischen Wald stamme und mir der Nationalpark schon als Kind immer sehr am Herzen gelegen ist. Zweitens, weil das, was in den vergangenen 50 Jahren geschaffen worden ist, vorbildlich und überzeugend ist. Und drittens, weil wir die gleichen Grundvoraussetzungen haben wie der Bayerische Wald vor 50 Jahren. Es ist ein armes Gebiet, aus dem die Jugend weggeht. Wo es keine Perspektiven und Jobs gibt. Ein Landstrich, in dem eine Attraktion ökonomischer Art und Weise für die Leute eine Grundlage für einen Aufbruch und einen Neubeginn bedeuten könnte. Wir können hier viel lernen und wir müssen die Fehler nicht wiederholen, die gemacht worden sind. Wir möchten auch das ein oder andere Jahrzehnt überspringen und ich hoffe, dass wir nicht 50 Jahre brauchen, bis wir so weit sind.
Wie realistisch ist es, dass aus dem Schutzgebiet tatsächlich ein Nationalpark wird?
Wenn ich mir anschaue, wie es in den vergangenen zwei Jahren gelaufen ist, würde ich sagen es ist sehr realistisch. Ich bin total überzeugt, dass wir in zehn Jahren Nationalpark sind – der Fagaras Nationalpark.
Das Interview ist in der Nationalpark-Zeitschrift „Unser wilder Wald“ – Ausgabe Winter 2023 erschienen. Die Gesamtausgabe gibt es auf der Homepage des Nationalparks Bayerischer Wald zum Download.