Sorry, there is no English translation for this page.

Wo die Natur den Lehrplan macht

50 Jahre Jugendwaldheim: Leitungstrio Hans-Peter Dorn, Rita Gaidies und Jan Günther blicken zurück

Eintrag Nr. 8/2025
Datum:


Direkt vor dem Jugendwaldheim beginnen die Abenteuer.
Direkt vor dem Jugendwaldheim beginnen die Abenteuer.

Hans-Peter Dorn (links), Rita Gaidies und Jan Günther.
Hans-Peter Dorn (links), Rita Gaidies und Jan Günther.

Rund ums Jugendwaldheim gibt’s für Kinder ...
Rund ums Jugendwaldheim gibt’s für Kinder ...

... nicht nur Einblicke in die Nationalpark-Forschung, ...
... nicht nur Einblicke in die Nationalpark-Forschung, ...

... sondern auch allerlei Spiel und Spaß. Fotos: Daniela Blöchinger / Gregor Wolf
... sondern auch allerlei Spiel und Spaß. Fotos: Daniela Blöchinger / Gregor Wolf

Schönbrunn am Lusen. Seit 50 Jahren dürfen Kinder hier einfach mal Kinder sein. Draußen in der Natur toben, den Wald mit allen Sinnen spüren, auf Forschungsexpedition gehen. All das und noch viel mehr ermöglicht das Jugendwaldheim bei Schönbrunn am Lusen. Auf die bewegte Geschichte der ersten Jugendbildungseinrichtung seiner Art in Bayern blicken Hans-Peter Dorn, Rita Gaidies und Jan Günther zurück. In dieser Reihenfolge leitet das Trio die Nationalpark-Einrichtung seit 1991.

Es wuselt im Felswandergebiet. Aus verschiedenen Richtungen sind Kinderstimmen zu hören. Ein Grüppchen hantiert gerade mit Messbändern. Auf der anderen Seite des Weges wird wie wild um die Wette gerannt. Und direkt am Weg baut ein drittes Kinderrudel ein hölzernes Tipi. Es wird gelacht, gespielt und wie von Zauberhand gelernt. Den Takt gibt dabei der wilde Wald vor. Und das Beste: Am Ende des Tages ist noch lange nicht Schluss.

Diese Szenerie spielt sich seit dem Frühjahr 1975 regelmäßig in den Wäldern rund um ein historisches Gebäude-Ensemble in Alleinlage ab. Denn damals ging das Jugendwaldheim, welches später den Namenszusatz „Wessely-Haus“ erhielt, in Betrieb. Im Freistaat war es die erste Jugendbildungseinrichtung seiner Art. Damals nahezu revolutionär: Das Klassenzimmer wurde nach draußen verlegt. Starre Lehrpläne gab es nicht.

Wildnis-Pädagogik „muss sich ein Stück weit ergeben“

Für Hans-Peter Dorn, seines Zeichens Gymnasiallehrer für Biologie und Chemie, war es also durchaus eine Umstellung, als er im September 1991 von einer Schule im Landkreis Passau in den Nationalpark kam. Vom Klassenzimmer wechselte er in die Wildnis-Pädagogik. „Und die muss sich ein Stück weit ergeben“, so Dorn. „Da braucht’s Gespür für die Situation.“ Schließlich hat man es jede Woche auch wieder mit neuen Schülerinnen und Schülern zu tun. Und auch die Regeln im Wald sind andere.

„Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mich der Klassenlehrer einer siebten Klasse auf einen Schüler aufmerksam machte, mit den Worten ‚Der is a bissal schwach‘ “, so Dorn. „Im Wald war er dann aber der absolute Star.“ Denn anders als in der Schule gehe es bei den Programmen im Jugendwaldheim nicht um abfragbares Wissen. „Es geht um die Begeisterung für die Natur. Und es geht darum, den Mensch einfach mal Mensch sein zu lassen.“

„Die Kinder erleben hier etwas ganz anderes“, sagt auch Rita Gaidies, die das Jugendwaldheim nach Dorns Eintritt in den Ruhestand im Oktober 2008 bis Mai 2021 leitete. Auch sie ist Lehrerin, arbeitete zuvor aber schon im Nationalpark, im Hans-Eisenmann-Haus und im Wildniscamp am Falkenstein. „Wichtig ist nicht, dass nach einer Woche drei Vogel- und drei Käfernamen hängen bleiben. Wichtig ist, dass die Kinder draußen sein dürfen, dass ein Funke für Naturbegeisterung entsteht und dass sie am Ende sagen ‚Mei war des sche‘.“

Gäste kommen großteils aus der Region - aber auch aus München oder Regensburg

Insgesamt 60 Betten stehen aktuell im Jugendwaldheim zur Verfügung. Der Großteil der Wochenprogramme wird von Schulen aus den Landkreisen Freyung-Grafenau, Regen und Passau gebucht. Aber auch weiter entfernte Einrichtungen, etwa aus München oder Regensburg, sind immer wieder zu Gast. Hauptzielgruppe sind die Klassenstufen drei bis sechs. Das Bildungsangebot ist dabei stets kostenlos. Finanziert wird es vom Freistaat Bayern.

Weil viele der Programmpunkte von ehrenamtlichen Waldführern und Freiwilligen übernommen werden, findet die Bildungsarbeit im Jugendwaldheim meist in Kleingruppen statt. „Das ist absoluter Luxus“, sagt Jan Günther, der die Einrichtung seit nun knapp vier Jahren leitet. „Somit können wir viel intensiver mit den Kindern arbeiten.“ Weiterer  Erfolgsgarant ist für Günther, der zuvor in der Jugendherberge Waldhäuser arbeitete, ohne Frage der ganz besondere Ort, die Mischung aus Waldrand und Wildnis. Und für die Kinder sei es einfach ein riesiger Erlebnisspielplatz. „Es ist jedes Mal aufs Neue schön, den Kindern dabei zuzuschauen, wie sie die Natur entdecken“, sagt Günther. „Und die Lehrer entspannen von Minute zu Minute mehr.“

Das Jugendwaldheim zeichnet sich aber nicht nur durch seine wilde Bildungsarbeit aus, sondern auch durch seine sich stets weiterentwickelte Infrastruktur. So wurde in Hans-Peter Dorns Amtszeit etwa das Dachgeschoss des ehemaligen Waldarbeitertrakts zur Übernachtungsnutzung ausgebaut. Unter der Regie von Rita Gaidies ging dann etwa ein Seminarraum und ein Labor in Betrieb. Und Jan Günther konnte jüngst erst den neu entstandenen Speisesaal-Trakt nebst neuer Küche und Galeriebereich in Betrieb nehmen. Somit wurde erstmal eine bauliche Verbindung zum ehemaligen Forsthaus geschaffen, in dem mittlerweile die Büros des Jugendwaldheim-Teams untergebracht sind. „Und nun können wir erstmals auch zwei Stockwerke barrierefrei nutzen“, freut sich Günther.

 

Zahlen / Daten / Fakten

  • 62.000 Teilnehmende stehen bereits in den Annalen.
  • 192 Türklinken kann man im Jugendwaldheim drücken.
  • 5 Verbandskästen helfen im Fall der Fälle.
  • 15 Zimmer laden zu geruhsamem Schlaf ein.
  • 6500 Übernachtungen gibt’s im Schnitt pro Jahr.

 

Einladung: Tag der offenen Tür

Einen Blick hinter die Kulissen gibt’s beim Tag der offenen Tür am Samstag 5. April. Von 10 bis 16 Uhr kann dann nicht nur die neueste Umbaumaßnahme begutachtet werden. Es gibt auch viel Spiel, Spaß und Information.

 

Info: Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des Nationalpark-Magazins "Unser wilder Wald". Das Magazin liegt nicht nur in der Region aus, sondern ist als ePaper-Ausgabe auch auf der Nationalpark-Homepage veröffentlicht.

 

Zum Seitenanfang scrollen nach oben