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Mensch bringt Wappentiere zurück

Auszug aus Naturschutz-Broschüre: Habichtskauz und Luchs zwischen Ausrottung und Wiederansiedlung

Eintrag Nr. 34/2023
Datum:


Habichtskauz am natürlichen Brutstandort in einem abgebrochenem Hochstumpf. Foto: Michael Göggelmann
Habichtskauz am natürlichen Brutstandort in einem abgebrochenem Hochstumpf. Foto: Michael Göggelmann

Luchs. Foto: Wolfgang Lorenz
Luchs. Foto: Wolfgang Lorenz

Neuschönau. In der Abenddämmerung erfüllt ein beeindruckendes Konzert den Wald. Unter den Vogelstimmen sticht eine hervor, ein tief gurrendes „WO-ho“. Es tammt von einem Habichtskauz, der zweitgrößten Eulenart Deutschlands. Weiter unten am Boden hat sich kurz zuvor ein zweiter tierischer Rückkehrer blicken lassen. Zielstrebig war ein Luchs zu seinem Rehriss vom Vortag unterwegs. Beide Beobachtungen hätte man zu Zeiten der Nationalparkgründung nicht machen können. Erst aktive Wiederansiedlungen brachten das Duo zurück.

IMAGE ALS SCHÄDLING ODER KONKURRENT UMS WILD

Seit hunderten Jahren verändert der Mensch im Bayerischen Wald das Landschaftsbild. Am sichtbarsten sind die Folgen von Axt und Säge, die aus einstigen Urwäldern Wirtschaftsforste formten. Doch damit nicht genug. Auch die Tierwelt nahm der Mensch ins Visier. Viele Arten galten Jägern als Konkurrenten ums Wild oder schlicht als Schädlinge. Neben Wolf und Bär verschwanden so Anfang des 20. Jahrhunderts auch Luchs und Habichtskauz aus dem Böhmerwald. Zwei einst als Wappentiere geltende Arten waren durch gezielten Schusswaffeneinsatz für lange Zeit verschwunden. Erst die Nationalparkgründung ermöglichte deren Rückkehr durch eine Vorgabe in der Nationalparkverordnung. Diese besagt, dass einst ausgerottete Arten nach Möglichkeit wieder angesiedelt werden sollen.

VOM NISTKASTEN IN DEN BAUMSTUMPF

Nur fünf Jahre nach der Gründung des Nationalparks fiel der Startschuss für die Wiederansiedlung der Habichtskäuze – mit Nachzuchten aus menschlicher Obhut. In den damals noch forstlich geprägten Wäldern hatten es die Vögel anfangs aber schwer. Erst 14 Jahre nach dem Start des Projekts gelang der erste Brutnachweis in einem der zahlreich ausgebrachten Nistkästen. Diese Bruthilfen hängen auch heute noch in den Nationalparks – aber auch in angrenzenden Privat- und Staatswäldern. Dank jahrzehntelangem Nichtstun in den Schutzgebieten beidseits der Grenze brüten die Käuze in ihren aktuell knapp 60 Revieren immer öfter auch an natürlichen Standorten. Vornehmlich sind dies hohe Baumstümpfe, die in der entstehenden Waldwildnis der beiden Nationalparks immer häufiger vorkommen.
 
BEIM LUCHS BRAUCHTE ES ZWEI VERSUCHE

Wie der Habichtskauz sollte der Luchs schon in den 1970er Jahren zurückkehren. Doch die erste Auswilderung, bei der nur wenige Tiere in die Wildnis entlassen wurden, scheiterte. Erst als Ende der 1980er Jahre auf tschechischer Seite 17 Luchse aus den Karpaten freigelassen wurden, konnte sich die größte europäische Wildkatze langsam wieder signifikant ausbreiten. Neben dem Straßenverkehr stellten illegale Nachstellungen durch Menschen die höchste Hürde für die Luchse dar. Daher arbeitet der Nationalpark mit all seinen Partnern beständig daran, die Akzeptanz der Tiere zu steigern – mit Erfolg. Seit Anfang der 2000er Jahre hat sich die Population merklich erholt. Aber trotz Vorkommen weit über die Schutzgebiete hinaus liegt das Kernverbreitungsgebiet weiterhin in den beiden Nationalparks.

Gewinner

Der LUCHS ist schwer zu sehen, trotzdem leicht zu erfassen. Woran das liegt? An dutzenden automatischen Wildtierkameras, die in den Nationalparks installiert sind. Aufgrund seiner eindeutigen Fellzeichnung lassen sich die Tiere dank der Bilder genauso gut identifizieren wie Menschen anhand ihres Fingerabdrucks.

Vor Ort erleben

Trotz stabiler Vorkommen im Wald ist eine Sichtung des zurückgekehrten Tier-Duos in freier Wildbahn ein Glücksmoment. In der Paarungszeit sind jedoch die Rufe beider Arten regelmäßig zu hören. Wer Luchs und Habichtskauz sicher aus nächster Nähe erleben will, schaut am besten im Tier-Freigelände bei Neuschönau vorbei.

 

Hinweis: Dieser Text stammt aus der im Juli 2023 erschienenen Broschüre "Naturschutz im Nationalpark". Die komplette Publikation kann auf der Nationalpark-Homepage als ePaper gelesen werden.

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