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Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich im Interview
Eintrag Nr. 35/2018
Datum: 28.12.2018
Freyung. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, zugleich Bürgermeister von Freyung, entwickelt weitere ökologische Konzepte für Niederbayern - und schöpft beim Wandern im Nationalpark Kraft für den Alltag. Ein Gespräch.
Niederbayern birgt so einzigartige wie unterschiedliche Naturräume: das Donautal zum Beispiel, das Unterbayerische Hügelland mit Gäuboden und Rottal oder den Bayerischen Wald. Welchen davon mögen Sie besonders gern?
Olaf Heinrich: Niederbayerns Kultur- und Naturlandschaften sind wirklich einzigartig schön. Wenn ich im Regierungsbezirk unterwegs bin, erlebe ich viele Momente, in denen eine ganz besondere Stimmung herrscht, beispielsweise beim Sonnenuntergang im Gäuboden. Mir persönlich ist der Bayerwald natürlich ans Herz gewachsen – als Heimat und Region, in der ich häufig zu Fuß unterwegs bin.
Wie trägt der Bezirk Niederbayern zur Bewahrung der Umwelt und zum schonenden Umgang vorhandener Ressourcen bei?
Olaf Heinrich: Im Agrarbildungszentrum in Landshut-Schönbrunn bieten wir unter anderem Aus- und Fortbildungen im Ökolandbau an. Durch ein Klimaschutz-Teilkonzept für unsere eigenen Liegenschaften wollen wir möglichst viel Energie sparen – und mit innovativen Projekten wie dem Biomasse-Heizkraftwerk in Mainkofen produzieren wir bereits seit 2004 Wärme und Strom für das Bezirksklinikum.
Der Bezirk betreibt den Lehr- und Beispielbetrieb für Fischerei in Lindbergmühle. Was passiert dort genau?
Olaf Heinrich: Neben Fort- und Weiterbildungen für Teichwirte werden in diesem weit über Niederbayern hinaus bekannten Betrieb Fische herangezogen und verkauft – an gewerbliche Betriebe genauso wie für Naturschutzprojekte. Für so manche Projekte, im Rahmen derer Fische wieder angesiedelt werden, liefert der Bezirk die Fische.
Sind mittelfristig weitere Maßnahmen oder sogar Einrichtungen geplant, um die ökologischen Grundlagen in der Region zu halten und ihnen eine gute Zukunft zu sichern?
Olaf Heinrich: Wir entwickeln uns laufend weiter: Im vergangenen Jahr hat der Bezirk einstimmig beschlossen, die beiden Naturparke in Niederbayern mit über 50.000 Euro pro Jahr zu unterstützen. Darüber hinaus wollen wir in den kommenden Jahren unsere eigenen Liegenschaften und Kantinen sowie unsere Krankenhäuser mehr und mehr aus der Region versorgen.
Ihr Terminkalender ist übervoll! Wo finden Sie Erholung vom stressigen Alltag?
Olaf Heinrich: Bei einer Wanderung mit meiner kleinen Familie, beispielsweise Anfang Oktober von Buchenau über die Schachten. Das ist für mich die beste Kraftquelle und immer wieder wunderschön.
Welche Bedeutung hat der Nationalpark Bayerischer Wald für Sie persönlich?
Olaf Heinrich: Ich liebe die Landschaft unmittelbar vor meiner Haustür, die bestens beschilderten Wanderwege und die beeindruckende Natur, die ich jedes Mal wieder genieße, wenn ich die Zeit finde, meine Wanderschuhe zu schnüren.
Und für Niederbayern?
Olaf Heinrich: Mir ist wohl bewusst, welche Bedeutung der Nationalpark für die Entwicklung des strukturschwachen Grenzraums Bayern-Tschechien hatte und hat – und dass er der zentrale Werbeträger im Tourismus ist.
Ihr Vater ist Förster, er leitete das staatliche Forstamt in Neureichenau. Hat sein Beruf auf Sie abgefärbt?
Olaf Heinrich: Ja und nein. Als Jugendlicher habe ich mich erst einmal wenig für das interessiert, was mein Vater gemacht hat. Das war wahrscheinlich der übliche Protest des Heranwachsenden. Schon bei der Wahl meines Studienfachs Geographie spielte aber das Interesse für die natürlichen Lebensgrundlagen und die Regionalentwicklung eine entscheidende Rolle – Themen, die bei uns am Mittagstisch diskutiert wurden. Dass ich heute die Region und die Natur so sehr genieße, das habe ich gewiss von meinem Vater mitbekommen – bis hin zum Interesse an der heimischen Flora und Fauna.
Die Regionalentwicklung ist Ihre große Leidenschaft. Sie gelten gemeinhin als strategisch kluger Gestalter. Welche Maßnahme packen Sie als nächste an?
Olaf Heinrich: Im Bezirk steht die Verwirklichung des „Medizinstudiums Niederbayern“ in Metten ganz oben auf der Agenda. In der Region möchte ich mich dafür einsetzen, dass die Glastradition, die den Grenzraum über viele Jahrhunderte geprägt hat, erhalten bleibt. Dafür denken wir über eine Unterstützung für Existenzgründer in der Glasbranche nach – ein in meinen Augen spannendes und wichtiges Thema.
Wir schreiben das Jahr 2068 – und Sie blicken als knapp 90-Jähriger zurück. Wie hat sich Niederbayern in ökologischer Hinsicht verändert?
Olaf Heinrich: Dann ist die Sensibilität für die Grenzen des Wachstums längst eine Selbstverständlichkeit. Durch kluges Nutzen der Digitalisierung können viele Menschen in den peripheren Regionen Niederbayerns in wunderbarer Natur in ihren kleinen Dörfern und Städten leben und trotzdem an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Sie fahren nur noch selten in die Ballungsräume, denn sie arbeiten und leben zu Hause.
Hinweis: Dieser Bericht stammt aus dem Nationalparkmagazin Unser Wilder Wald. Die komplette Ausgabe kann HIER als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
Interview: Alexandra von Poschinger