Bayerischer Wald
Groß angelegte Kartierung der Bachforellen in der Region
Deutsch-tschechisches Forschungsprojekt soll Aufschlüsse über Fischpopulation geben
Pressemitteilung Nr. 50/2023
An über 200 Standorten werden in den kommenden drei Jahren die Bachforellen im Böhmerwald genau untersucht. (Foto: Nationalpark Bayerischer Wald)
Grafenau/České Budějovice. Seen, Flüsse, Bäche und Teiche der Region werden bald genau unter die Lupe genommen. An 200 Standorten im gesamten Böhmerwald wollen Wissenschaftlern unter Federführung des Biologischen Zentrums der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und der Südböhmischen Universität in České Budějovice die Bachforellen detailliert erforschen. Im Projekt sind viele weitere Naturschützern und Fischereiexperten aus Tschechien und Bayern mit an Bord – inklusive dem Nationalpark Bayerischer Wald.
Die Hydrobiologen kartieren ab September dieses Jahres drei Jahre lang die lokale Bachforellenpopulation, um deren Bestand, Zustand, Gesundheit, Parasitenbefall und genetische Variabilität zu bestimmen. Außerdem wollen sie einheimische Linien von Bachforellen identifizieren, die am besten an die örtlichen Bedingungen angepasst sind. Hauptziel des Projekts ist es, zu einem gemeinsamen Ansatz für den Erhalt dieser Art und der aquatischen Ökosysteme auf beiden Seiten der Grenze beizutragen und die lebendigen Juwelen unter der Wasseroberfläche des Böhmerwalds in bestmöglichem Zustand an künftige Generationen weiterzugeben.
Saurer Regen verdrängte einst Fische aus den Gewässern
Der Böhmerwald, der die Tschechische Republik und Bayern verbindet, steht seit mehr als einem Jahrhundert im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Dies ermöglichte es, eine weltweit einzigartige Geschichte der Zerstörung und der anschließenden Erholung der Natur zu dokumentieren. Seit den 1950er Jahren wird der Böhmerwald von saurem Regen geplagt, der in den 1960er Jahren seinen Höhepunkt erreichte und zu extremen Veränderungen der Wasserchemie führte. Dadurch wurde das Leben in den höher gelegenen Gletscherseen und Bächen zerstört. Die Fische starben vollständig aus. Eine deutliche Wende setzte mit der Genfer Luftreinhalte-Konvention ein, die seit Ende der 1980er Jahre eine massive Reduktion der Luftverschmutzung bewirkte und so die Erholung der Ökosysteme ermöglichte. „Seit der Jahrtausendwende haben wir die Rückkehr des Lebens in diese Gewässer erlebt. Im Jahr 2021 haben wir zum ersten Mal das Wiederauftauchen der Bachforelle im Laka-See bestätigt", sagt Petr Blabolil vom Biologischen Zentrum des CAS und der Universität Südböhmen, der die dreijährige Forschungsarbeit leiten wird.
Die Bachforelle, die Leitart des Projekts, ist ein Indikator für die Klarheit und chemische Qualität des Wassers. Die Bachforelle ist der wichtigste Raubfisch in den örtlichen Gewässern und hat einen einzigartigen Lebenszyklus, zu dem auch die Herbstwanderung flussaufwärts zum Laichen gehört. Sie ist auch ein wichtiger Wirt für die vom Aussterben bedrohte Flussperlmuschel, deren Larven kurzzeitig parasitisch in ihren Kiemen leben.
Bachforellen im Fokus: Dichte, Altersstruktur und Gesundheitszustand
Im September 2023 beginnt im Rahmen des internationalen Interreg-Projekts BYCZ01-020 eine detaillierte Untersuchung der Fische im Böhmerwald. Im ersten Jahr wollen die Wissenschaftler mehr als 100 Standorte im gesamten tschechischen Teil des Mittelgebirges untersuchen. Im kommenden Jahr werden die Forschungsaktivitäten auf die bayerische Seite verlagert und auch Fischzuchtbetriebe auf beiden Seiten einbezogen. In den drei Jahren des Projekts werden die Wissenschaftler 200 Standorte im Detail dokumentieren. „Bei der Bachforelle und möglicherweise auch bei anderen Arten werden wir uns die Merkmale der Populationen ansehen, das heißt die Dichte, die Altersstruktur und den Gesundheitszustand“, sagt Petr Blabolil.
„Im Falle der Bachforelle werden wir auch die genetische Struktur anhand der mitochondrialen DNA und der Mikrosatelliten untersuchen. Unser Hauptziel ist es, genetisch einheimische Forellenpopulationen zu finden, die am besten an die lokalen Bedingungen angepasst sind“, ergänzt Vojtěch Kašpar von der Universität Südböhmen. Die Forscher werden dann nach der genetischen Variabilität dieser Populationen suchen, also nach ihrer Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen. Nicht zuletzt werden sich die Wissenschaftler auch mit dem Vorkommen von Parasiten befassen, insbesondere dem Myxozoen Tetracapsuloides bryosalmonae. Die mit Nesseltieren verwandten Einzeller sind die Erreger der Forellenkrankheit PKD, die mit Zuchtfischen in bisher nicht betroffene Gewässer eingeschleppt werden könnte. Zu den Forschungsmethoden gehören moderne Umwelt-DNA-Analysen (eDNA), mit denen anhand von Wasser- oder Sedimentproben ermittelt werden kann, welche Arten von Organismen in einer bestimmten Umgebung vorhanden sind.
Zahlreiche Partner auf beiden Seiten der Grenze
Das Projekt soll zu einem koordinierten Konzept für den Schutz der Forellen und der Gewässer des Böhmerwaldes auf tschechischer und bayerischer Seite beitragen. In beiden Ländern werden die Wissenschaftler ihre Ergebnisse mit den Verantwortlichen in den betroffenen Gebieten diskutieren, allen voran mit Naturschützern, Gewässermanagern und Fischern. Außerdem wird es eine Reihe von Vorträgen und Bildungsveranstaltungen für die breite Öffentlichkeit geben.
Die wichtigsten Partner des Projekts sind das Biologische Zentrum des CAS, die Universität Südböhmen in České Budějovice, der Nationalpark Bayerischer Wald, die Verwaltung des Nationalparks und Landschaftsschutzgebiets Böhmerwald und die Fachberatung für Fischerei des Bezirks Niederbayern. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt wird auch vom tschechischen Fischereiverband, von „Rettet die Äsche und die Bachforelle“, von den „Freunden der fünfblättrigen Rosengewässer“, von der tschechischen Naturschutzbehörde, vom Flusseinzugsgebiet der Moldau und anderen Organisationen unterstützt.
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